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Lara

Ich hab nur mal so geguckt, auf Couch gesucht – ich war nicht auf der Suche nach einem Hund. Und wie es halt ist: auch wenn man „nur mal guckt“, bei dem einen oder anderen Hund bleibt der Blick hängen.

Mein Blick blieb bei „Speranza“ hängen. Maremmano-Mix, stand da, 12 Jahre alt.

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Maremmano-Mix, das passte in mein Beuteschema.
Das Alter passte in mein Dritthundschema. Der dritte, nicht immer besetzte Platz gehört, wenn er denn besetzt wird, einem Oldie.

Und dann stand da noch die Aussage, die mich immer so packt, an der ich so schlecht vorbei komme: Dass sie zu resignieren scheint, nach Jahren und Jahren im italienischen Tierheim, dass sie sich aufzugeben scheint. Und ihr Blick auf einigen der Bilder schien das zu bestätigen.

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„All ihre Träume sind noch niemals in Erfüllung gegangen“, stand da noch.
Manchmal ist es, bei mir jedenfalls, ebenso sehr der Vermittlungstext, der mich einfängt, wie das Tier selbst. Selbst jetzt, wenn ich diesen Satz hier schreibe, fasst er mich wieder an.

Auch mein Mann, der in solchen Fällen oft als Stimme der Vernunft und im Zweifel als Korrektiv fungiert, leistete keinen nennenswerten Widerstand, und so fragte ich beim Verein an.
Alles lief gut, und wenige Wochen später konnte Speranza zu uns ausreisen.

Ich hatte noch nie einen Hund direkt aus dem Ausland adoptiert und machte mir ent- sprechend Gedanken über die Zusammenführung.

Speranzas Flug würde am Abend ankommen. Dann wieder zurückfahren? Mitten in der Nacht, vermutlich müde nach stundenlanger Fahrt, die Hunde zusammenführen?
Alex und Hella mit auf den Flughafen nehmen und mit dem neuen, fremden Hund zusammen stundenlang zurückfahren?
Beides machte mir Bauchschmerzen.

Zum Glück boten sich Freunde an, die in relativer Nähe zum Kölner Flughafen wohnen, mich zum Flughafen zu begleiten und mit dem neuen Hund bei sich übernachten zu lassen. Mein Mann blieb daheim bei den anderen Tieren.

Zu meinem großen Erstaunen befand sich in der Flugbox nichts, was ich als Maremmano- Mix identifiziert hätte, sondern ein eher mittelgroßer Hund, der aber eindeutig die erwartete Speranza war.
Und noch dort am Flughafen, während sie noch in der Flugbox und ich davor saß, verliebte ich mich in sie. Sie strahlte da schon das aus, was sie ausmacht. Freundlich, sanft, zutraulich, knopfäugig schaute sie aus ihrer Box und eroberte mich im Handumdrehen.

Sie wirkte älter als ich es von einem 12-jährigen Hund ihrer Größe erwarten würde, seniorenhaft.

Sie war extrem schlecht zu Fuß, so dass wir die erste Gassirunde am Ankunftsabend nach vielleicht 100 Metern abbrachen, aber das spielte keine Rolle.

„Sie guckt wie ein kleiner Lars“, sagte der Freund, der mit am Flughafen war, auf der Rückfahrt, und so wurde aus „Speranza“ noch an diesem Abend „Lara“. Und schon am nächsten Morgen schaute mich statt einer traurigen eine lächelnde Hündin an.

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Die Zusammenführung mit Alex und Hella verlief von beiden Seiten absolut problemlos, wie eigentlich auch erwartet. Lara war als verträglich geschildert worden, und von meinen Hunden wusste ich das auch.
Sobald ich mit Lara das Grundstück betreten hatte, wurde sie akzeptiert, und von Stund an lebten die drei Hunde in friedlicher Koexistenz, ohne die geringsten Dissonanzen, aber  vorerst auch ohne irgendwelche Beziehungen zueinander aufzubauen. Man lebte nebeneinander her.

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Das Zusammentreffen mit den Katzen war für mich spannender, denn über ihre Katzenverträglichkeit konnte man von Vereinsseite nichts sagen. Aber alle Bedenken, die ich deswegen hatte (von wegen Plan B, wenn es gar nicht klappen sollte), lösten sich in Luft auf.

Nicht nur der coole Fritz, erstmals auch Fee reagierte auf diesen neuen Hund von der ersten Sekunde an absolut gelassen. Und ebenso reagierte Lara auf die Katzen. Gelassen und mäßig interessiert.
Das folgende Foto mit Fee knipste ich noch am Ankunftstag. Ich war begeistert.

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Und Fritz hielt es wie mit allen Hunden vor ihr:
Er legte sich umstandslos zu ihr ins Bett, und sie hatte nichts dagegen.

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Mit Alex und Hella wuchs allmählich doch so etwas wie ein Wir-Gefühl heran, und alle drei nehmen Anteil an einander. Sie nehmen kurzen freundlichen Nasenkontakt auf, wenn sie sich begegnen, wenn z.B. eine von draußen herein kommt oder draußen im Garten einer anderen begegnet. Und auch unterwegs achtet man auf einander.

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Lara begrüßt unterwegs jeden Hund, der uns begegnet, freundlich und oft mit Spielauf- forderung. Allerdings muss man sie davor schützen, dass der andere Hund womöglich wirklich mit ihr spielen will, denn das holt sie prompt von den Füßen. Sehr standfest ist sie nicht.

Zu Menschen ist sie ausnahmslos freundlich und ausgesprochen sanft.
Selbst wenn sie z.B. nach einem dargereichten Häppchen mal gierig schnappt, weil sie es nicht richtig sieht:
Im selben Augenblick, in dem sie die Hand spürt, stoppt sie, und mehr als eine leichte Berührung mit den Lefzen passiert nicht, dann nimmt sie den Happen sacht aus der Hand.
Ebenso ist es, wenn sie sich massiv bedrängt fühlt. Sie langt dann schon mal rum nach der Hand, aber sie deutet das Schnappen nur bis zum Hauch einer Berührung an.

Vom Charakter ist dieser Hund ein Rundum-sorglos-Paket, aber natürlich gab und gibt es auch ein paar Baustellen.

Zuerst schien es, dass sie plötzlich, nach ein paar sauberen Wochen, im Schlaf inkontinent war. Morgens war öfter mal eine Pfütze in einem der Betten, und ich sah mich genötigt, wasserdichte Hundebetten zu kaufen und häufig Decken zu waschen.
Bis ich sie eines Tages in flagranti erwischte, wie sie, keineswegs im Schlaf, beim exzessiven „Bettenbau“, einem großen Hobby von ihr, sich plötzlich einfach hin hockte und pinkelte.

Meine spontane Reaktion, sie zu packen und nach draußen zu bugsieren, führte dazu, dass sie sich erschrocken schreiend hinwarf, und wundersamer Weise war dieser Schock offenbar heilsam für sie. Seither macht sie nicht mehr ins Bett.

Dieses sich schreiend hinwerfen brachte sie mit.
Wann immer ich ihr unverhofft ins Fell griff, tat sie das. Ich vermute, sie reagierte so im Tierheim auf Übergriffe anderer Hunde. Sobald sie realisiert, dass es meine Hand ist, die nach ihr greift, beruhigt sie sich.
Dieses Verhalten hat sich gebessert, aber ganz abgelegt hat sie es nicht. Sie schreit nicht mehr, hat aber immer noch die Tendenz, sich hinzuwerfen, wenn sie unverhofft angepackt wird.

Sie verbal vorzuwarnen, geht leider nicht. Dafür hört sie zu schlecht. Wenn ich Zeit habe und sie erst mal ganz leicht berühre, zuckt sie nur zusammen, schaut sich um, sieht mich, und es ist okay. Wenn es aber aus irgend einem Grund schnell gehen muss, ich sie erwischen muss, schaffe ich das nicht unbedingt.
Deshalb trägt sie, anders als die anderen Hunde, auch daheim immer ein Halsband: wenn ich ins Halsband greife, ist es okay. Erwische ich dieses im dicken Pelz nicht richtig und greife ins Fell, wirft sie sich hin.

Eine Baustelle, die uns erhalten bleibt, ist ihr Rücken.
Eines Tages, nach ein paar Wochen bei uns, sackte sie bei ihrer Gartenrunde plötzlich hinten zusammen und schleppte sich, hinten eingeknickt, mühsam zurück ins Haus und in ihr Bett. Danach war sie tagelang eingeschränkt, konnte u.a. schlecht einige Zeit stehen. Beim Fressen sank sie mit der Zeit hinten ein. Ich gewöhnte mir an, sie mit einem um ihren Körper gelegten Schal zu unterstützen.

Das Röntgenbild gab keinen Aufschluss, das MRT zeigte dann einige Bandscheibenvor- wölbungen. Zum Glück bedeutete das entgegen der ersten ärztlichen Vermutung keinen OP-Bedarf, sondern den Bedarf für, O-Ton Arzt, „Schmerzmittel, Physiotherapie und Muskelaufbau, Muskelaufbau, Muskelaufbau.

Was wir natürlich gleich in Angriff nahmen, auch teilweise erfolgreich.
Bisher hatte sie zwei Rückfälle, aber wir arbeiten weiter dran.

Der Muskelaufbau begann in Absprache mit der Physiotherapeutin ganz klein, mit anfäng- lichen 5- Minuten-Gängen und ganz langsamer Steigerung. Mein Mann bezeichnete diese Übungen als „Zirkusnummer“, und der Begriff bürgerte sich für Spaziergänge mit Lara ein.
Lara selbst nennt er in liebevoller Ironie gerne mal „Rennmaschine“.

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Sie arbeitete bei der Zirkusnummer tapfer mit und kann inzwischen zwei Spaziergänge täglich mit den anderen Hunden zusammen machen, wenn sie nicht grade einen Rückfall hat, und sie genießt das auch.

Es zaubert mir jedes Mal ein Lächeln ins Gesicht, wenn Alex nach einer Maus springt und Lara hin eilt, um an der Jagd teilzunehmen, oder wenn sie mitkriegt, dass die anderen an einer Stelle interessiert schnuppern, und sie eifrig dazu stößt, um nichts zu verpassen.

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Die andere Großbaustelle war ihr Gebiss.

Eines Abends lag sie zähneklappernd in ihrem Bett, und das wiederholte sich in den folgenden Tagen regelmäßig. Eine Schilderung dieses Verhaltens in der KSG setzte mich auf die richtige Spur: Zahnschmerzen.
Den Hinweis auf den richtigen Arzt bekam ich gleich dazu.

Der Befund dieses Spezialisten war verheerend:
Nicht nur eine stattliche Anzahl Zähne, auch einige Wurzeln waren in desolatem Zustand. Der Hund musste seit Jahren höllische Schmerzen gehabt haben.

Es erforderte zwei OP-Sitzungen, alle insgesamt 10 betroffenen Zähne zu ziehen bzw. heraus zu meißeln, und es war natürlich auch finanziell eine Hausnummer; ohne Kredit nicht zu stemmen.
Aber Laras Zahnschmerzen sind jetzt Geschichte, und darauf kommt es an.

Längst ist Lara ein zufriedener, fröhlicher Hund geworden, und sie ist ein Unikat, über das ich immer wieder staune und lächle.

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Sie ist einerseits manchmal ziemlich schwer von Begriff, was ich teilweise einem jahre- langen Leben ohne Außenreize, bis ins Alter hinein, zuschreibe, und teilweise vielleicht eben diesem Alter. Sie scheint manchmal schon ein wenig „tüddelig“ zu sein. Sie fiel z.B. in den ersten Tagen zwei Mal in den Teich, so dass ich es lange nicht wagte, sie allein in den Garten zu lassen.

Sie brauchte Wochen, um halbwegs zu begreifen, dass sie warten muss, bis ich die Einstiegsrampe ans Auto angelegt habe. Manchmal will sie in kurzen Abständen immer wieder in den Garten, nur um dann „dumm“ auf der Terrasse herumzustehen und verloren in die Landschaft zu schauen.

Umso anrührender zu sehen, wie sie dann halt doch lernt, begreift, sich anpasst, und auch neugierig ist.
Wie sie Zuwendung genießt.
Wie sie ankommt, sich anlehnt, den Kopf in die Hand schmiegt oder auf die Knie legt, und sich genüsslich knuddeln lässt.
Wie sie mit ihren Knopfaugen erwartungsvoll in die Welt schaut und sich sichtlich ihres Lebens freut.

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Sie ist auf ihre ganz eigene, rührende Art ein Schatz, und ich bin froh, dass sie bei uns ist.
 

22.12.2014

24.12.2014


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