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Moggi

Ein Hundeopa will leben

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Im November 2006 gingen wir wie jedes Jahr auf die Zuchtschau in Hannover um Kontakte mit Hundehaltern verschiedener Rassen zu knüpfen und um dem Herdenschutzhund-Service, der dort einen kleinen Stand hatte, etwas unter die Arme zu greifen. Dort entdeckten wir an einer Pinwand 3 Herdenschutzhunde aus dem Berliner Tierheim, Kuvasz Fritz, Kangal Erdal und auch den Mix Laurel (heute Moggi genannt), der uns sofort auffiel.

Eine Rücksprache mit der Vereinsvorsitzenden Eleonore Rösner, die anwesend war um den Stand zu betreuen, ergab Folgendes:

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Laurel war ein fast 12 jähriger, im Tierheim kastrierter Kaukasischer Owtscharka mit etwas Bernhardinerblut, der am 25.12.2005 in Berlin streunend aufgefunden wurde, Rüden- unverträglich, körperlich sehr schlecht drauf , suchte man für ihn einen Platz für die letzten Wochen, bestenfalls Monate.

Spontan, mitten im Gespräch und bis heute ohne zu wissen, wieso ich das tat, sagte ich „Nimm uns Schlampi ab, dann nehmen wir ihn“.

Schlampi ist eine kaum vermittelbare, hysterische Kangalhündin, die zu der Zeit bereits seit Monaten ohne eine Anfrage bei uns ausharrte. Wir verbrachten ein paar sehr nachdenkliche Tage, denn wir hatten einen potenten Rüden zuhause, aber Moggi ließ uns einfach nicht los und Gespräche endeten immer wieder bei ihm.

Wir hatten nicht die Möglichkeit, ihn kennen zulernen und spielten auf volles Risiko, Schlampi zog auf den Hof des Herdenschutzhund-Service und hat dort ihr Gnadenbrot und Eleonore Rösner zog los nach Berlin und übernahm in Absprache mit dem Berliner Tierschutz Moggi, wir holten ihn am selben Abend noch ab und erlebten Zuhause angekommen die erste Überraschung, denn der Hund wollte nicht mit uns ins Haus.

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Es war dunkel und spät und mit einer langen Leine und lecker duftendem Abendbrot konnten wir ihn schließlich halb reinziehen, halb reinlocken, sein Hunger schien groß und sein Futterneid ist es noch heute, für Essen geht er über Leichen.

Das war am 10.11.

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In den nächsten Tagen trennten wir die Rüden strikt, Moggi hatte ein eigenes Zimmer mit eigenem Eingang. Wir gefielen ihm wohl recht gut, denn er war freundlich zurückhaltend zu uns, freute sich über den eigenen Garten, aber konnte nur 15 Minuten am Stück gehen, was uns auch vorher seitens des Tierheims schon mitgeteilt wurde.

Er lernte, wenigstens in sein Zimmer durch seinen eigenen Häusereingang zu gehen, ohne das ich ihn tragen und schieben musste und wir übten das Autofahren, Wolf im Kofferraum, Moggi auf dem Rücksitz, mit einem Autogitter und einem Sichtschutz aus Pappe getrennt, da Moggi Wolf sonst während der ganz Fahrt durchs Gitter anpöbeln wollte.

Ich nahm ihn genauer in Augenschein und machte mir eine Liste der Baustellen an seinem Körper. Er war zwar geschoren worden bevor er zu uns kam, weil er wohl ungepflegt nicht vermittelt werden sollte, aber unter den Achseln und zwischen den Beinen waren große Verfilzungen mit Kletten aus dem letzten Sommer, die wurden mit Hilfe eines Seidenschals als Beißschutz entfernt, in vielen Stunden Arbeit.

Da ich ihn noch nicht kannte und ein einschätzen seiner Reaktion auf Schere, Kamm und Schermaschine nicht möglich war, ging ich hier auf Nummer sicher. Und ich tat gut daran, denn er gebärdete sich recht unwillig, als wir ihn zwangen liegen zu bleiben, damit ich an den kritischen Stellen arbeiten konnte.

Er hatte Arthrose in den Vorderbeinen und eine äußerst schwache Hinterhand, sonst schien es ihm gut zu gehen. Ich stellte ihn auf Rohfütterung um, setzte die starken Medikamente komplett ab und ging täglich mehrere kleine Runden mit ihm spazieren und er genoss die Herbstsonne.

Wir fingen dann recht schnell an, Leinenspaziergänge mit beiden Rüden zu machen, damit Moggi sich nicht daran gewöhnte allein zu wohnen. Meine Mutter führte Moggi, ich führte Wolf und wir gingen in großem Abstand hintereinander her und keiner durfte pöbeln, das taten wir wochenlang, näherten uns dabei Meter für Meter und irgendwann ignorierten sich die Rüden, so dass ich Wolf, meinen äußerst souveränen, friedlichen Rüden, ableinen konnte, was auch gut klappte, ab und an ein Brummen von Moggi, wenn Wolf ihm zu nahe kam , ansonsten mehr oder weniger friedliche Koexistenz.

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Leider gab es dann kurz vor Weihnachten einen Zwischenfall in unserer Familie. Meine ältere Schwester ging trotz vorheriger Anweisung, Moggis Zimmer allein nicht zu betreten, hinein.

Wir konnten in den paar Wochen seine Reaktion fremden Menschen gegenüber noch nicht einschätzen und hatten eine Begegnung zwischen Moggi und ihr noch nicht auf neutralem Gebiet durchgeführt, deshalb hatten wir ausdrücklich verboten, zu ihm zu gehen.

Sie beugte sich über den auf seiner Matratze schlafenden Moggi und wurde von ihm schwer ins Gesicht gebissen. 2 Wochen lag sie im Krankenhaus und wurde mehrmals im Gesicht operiert. Dass es ihre Schuld war, war uns und ihr klar, trotzdem mussten wir unserem gesamten Umfeld immer wieder klar machen, das wir den Hund mit Sicherheit deshalb weder einschläfern noch abgeben würden. Er hatte sich einfach erschreckt und sich bedrängt gefühlt, denn aus dieser Ecke heraus mit seiner schwachen Hinterhand hatte er auch nicht die Möglichkeit auszuweichen.

Die folgenden Monate waren zwar zwischenmenschlich mit unserer Umwelt nicht sehr schön, aber Moggi lebte sich ein und fühlte sich wohl, den Knochen ging es immer besser, er hielt inzwischen auch schon 1-stündige Spaziergänge mit, galoppierte jeden Morgen eine Runde um das Haus, so gut er konnte und freute sich seines Lebens.

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In einsamen Gebieten konnte er frei laufen, denn abhauen konnte er sowieso nicht. Er ignorierte Wolf und der wiederum ignorierte Moggi, ab und an gab es für mich Glücksmomente, in denen sie vom anderen unbemerkt aneinander schnüffelten.

Wir ließen sie nun auch auf dem Grundstück zusammen laufen, was sich aber recht unangenehm gestaltete, da Moggi, der alte, tot gesagte Hundeopa, Wolf bei Begrüßungen und beim Bellen am Zaun immer wieder angriff. An dieser Stelle muss ich Wolf wirklich loben, der den viel schwächeren Moggi jedes Mal nur auf den Boden drückte und ihn geifern und keifen ließ, auch wenn dieser ihm seinerseits in der Kehlwamme hing, der dreiste Opa trug nie mehr als kleine Löcher und Kratzer davon.

Da ich um Wolfs feinen Charakter wusste und mich auf seine Souveränität verlassen konnte, ließ ich die beiden gewähren und nach vielen Wochen wurden die Angriffe weniger, wir unterstützen Wolf wo es ging und es wurde, wenn auch keine Liebe, so doch ein halbwegs harmonisches Zusammenleben. Moggi knurrte immer noch viel und gern und wurde auch immer selbstbewusster, aber da sich Wolf nie auf Streit einließ gab es immer weniger Keilereien.

Es zeigten sich keine Anzeichen eines baldigen Ablebens unseres Opas, im Gegenteil, Frühling und Sommer kamen und er blühte auf, das Fell wuchs, die Muskeln ebenso, es ging ihm entgegen aller Erwartungen prächtig.

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Wir stellten allerdings im Laufe der Zeit fest, das Moggi eine starke Abneigung gegen Kinder hat, also hielt ich ihn strikt fern und wenn ich wusste, wir gehen auf Spaziergänge, auf denen Kinder anwesend sind, trug er einen Maulkorb.

Es zeigte sich auch, dass er manchmal, wenn er sich bedrängt fühlte, ihm körperliche Nähe zu viel wurde oder er geringstem Zwang was Nähe betraf ausgesetzt war, ohne vorherige Anzeichen wie knurren oder drohen versuchte in Kopf, Hals oder Gesicht zu beißen. Ich trug einige Verletzungen durch ihn davon ehe ich lernte, die brenzligen Situationen zu erkennen.

So gut es ging versuche ich nun vorzubeugen, aber auch heute nach 2 Jahren gibt es Situationen, in denen er mich beißt. Sei es, weil ich körperliche Auseinandersetzungen zwischen Wolf und Moggi trenne, wenn Moggi einen Tag hat, an dem er nicht klug ist und nachgibt, sondern es auf ernsthafte Verletzungen ankommen lässt und auch Wolfs gutes Sozialverhalten nichts mehr nützt. Dann trenne ich die beiden und Moggi ist so hysterisch, das er in Angst und Wut blind um sich beißt und sich seine Aggression auf den nächst besten richtet.

Oder sei es, wenn ich Konflikte zwischen den beiden und Angriffe von Moggi auf Wolf verhindern will, splitte oder Moggi stimmlich zurechtweise und er sich wieder zu sehr unter Druck fühlt.

Ihn zu etwas zu bringen ist immer eine kleine Gradwanderung. Er kann der auf seine Art charmanteste, verschrobene, anhängliche alte Hundeopa sein, der einem schöne Augen macht und die Hände leckt und innerhalb von Sekunden schlägt es um und er wird bedrohlich, ich denke das ist bei ihm eine Form von Alterssenilität.

Er steigert sich oftmals sehr rein in seine Aggression, hat sich dann nicht im Griff und braucht längere Zeit um sich wieder zu beruhigen. Als wir uns für seine Aufnahme entschieden nahmen wir in Kauf, dass er möglicherweise einen nicht unkomplizierten Charakter haben würde. Und wir würden ihn immer wieder aufnehmen, wir bereuen nichts.

Manch anderer hätte sich vielleicht aufgrund seiner geringen Hemmschwelle zu beißen schon Gedanken darüber gemacht, ihn einzuschläfern oder wieder abzugeben, aber das ist für uns keine Option, wir lieben ihn genau wie er ist, mit all seinen positiven und negativen Charakterzügen.

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Unser Vertrauensverhältnis entwickelt sich auch heute noch immer weiter, was ich nie für möglich gehalten hätte. Besonders freuen mich die kleinen, verborgenen Zeichen des Vertrauens, das er in mich hat.

Wenn er bei Knallgeräuschen die Nähe zu mir sucht, anstatt wie anfangs wegzulaufen, wenn er sich dann an meine Beine drückt und auf Ansprache reagiert, ist das ein tolles Gefühl. Er ist viel ansprechbarer, offener geworden.

Es gab Zeiten in seinem Leben bei uns, da schien er in seiner eigenen Welt zu leben, man kam einfach nicht an ihn heran und er reagierte nicht wirklich auf uns. Von allein nahm er in dieser Zeit nie Kontakt auf, umso mehr freue ich mich heute, wenn er beim Spazierengehen auf mich wartet wenn ich stehen bleibe, dann zu mir kommt und seine Schläfe an meinen Oberschenkel drückt und sich kraulen lässt.

Ab und an nimmt er an unserem Abendessen teil, legt den Kopf auf die Sessellehne oder schnüffelt mir
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an den Lippen, früher undenkbar. Da war er kein Hund der leisen Töne, da hätte er sich das Essen mit Gewalt aus meinem Mund geholt.

Seit Anfang dieses Jahres haben wir einen Dritthund, eine Leonbergerhündin. Wir hatten zwar von August ´07- Januar ´08 eine Pyrenäenberghündin bei uns in Pflege, so dass wir an seiner Akzeptanz fremder Hunde in seinem Territorium schon etwas arbeiten konnten, aber Moggi hatte anfangs trotzdem seine Probleme mit ihr. Er hat das mit Unterstützung allerdings ganz fantastisch hinbekommen und die Hunde haben sich gut aneinander gewöhnt.

Im Mai sind wir dann umgezogen und auch dort hat er sich so gut wie es ihm möglich ist bemüht, sich anzupassen und konnte sich recht schnell ohne Angst im neuen Haus bewegen. Der große Hunde- und Menschenfreund wird Moggi nie werden, er wird ja immerhin bald schon 15 Jahre alt, aber das muss er auch gar nicht.

Er fühlt sich in seinem kleinen Rudel sehr wohl, natürlich ist das Zusammenleben nicht immer reibungslos, aber er ist glücklich mit uns und wir mit ihm und das ist die Hauptsache.

Er hat das Glück, das es ihm gesundheitlich ziemlich gut geht, er hat zwar Arthrose in den Karpalgelenken und an manchen Tagen hat er Probleme beim Aufstehen, weil seine Hinterhand recht schwach ist, aber er hat nicht mehr als diese kleinen Zipperlein, nichts „Ernstes“ und lebt ohne Schmerz- mittel sein Seniorenleben.

Er geht täglich mindestens 2 Stunden spazieren, hat einen gesunden Appetit und einen bewundernswert starken Magen, läuft durch unseren Garten und bellt, wenn sich Fremde nähern, liegt in der Sonne und freut sich einfach nur, das er nicht mehr im Tierheim ist.

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Ich möchte keinen Tag mit ihm missen und hoffe auf eine möglichst lange Zeit, die er hier bei uns noch schmerzfrei und glücklich leben darf. Denn ich bin wirklich froh, ihn seinerzeit auf der Ausstellung entdeckt zu haben, es wäre uns viel entgangen, wäre Moggi nicht unser Hund und ein Mitglied unserer Familie geworden.

14.12.2008

16.12.2008


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Oder einen Gutschein über einen Tierheimbesuch im neuen Jahr!

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