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Timmy

Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt...

Wir schreiben den 16. Oktober 2014.

Mein Handy klingelt. Ein Bekannter von mir, der Tierarzt ist, ruft an.
Er hätte hier einen Hund bei sich, den er einschläfern sollte, da er ein paar Mal gebissen hat. Er wüsste in dem Fall aber genau, dass es an der Besitzerin und nicht am Hund liegt. Es wäre ein Aussie, erst knapp 2 Jahre alt, ob wir den nicht aufnehmen könnten.

Zur Erklärung:
Ich bin mittlerweile Vorsitzende im Tierheim Zweibrücken und damit leider Gottes auch Ansprechpartner für solche Themen.

Nun steht man als Tierheim da und soll quasi mit über Leben und Tod entscheiden. Als Außenstehender ist da schnell gesagt: nehmen! Aber wenn man schon viele schwer vermittelbare Hunde sitzen hat, hat dem Personal gegenüber eine Verantwortung und kennt den Hund selbst nicht, ist man natürlich sehr unter Druck.

Aber wir entschieden uns natürlich, den Hund aufzunehmen.
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Ein wunderschöner red tri Aussie-Rüde von knapp 2 Jahren.

Einst als Welpe beim Züchter gekauft und in den falschen Händen gelandet. Die Züchterin wusste über Timmy´s Geschichte Bescheid. Bis heute hat sie nie nach dem Befinden des Hundes gefragt. Selbst wenn man ihn hätte nicht zurück nehmen können, wäre doch zumindest eine Patenschaft oder ein „Wie geht es ihm?“ angebracht gewesen.

Da lag er also im Zwinger und tat als könne er kein Wässerchen trüben. Er war zutraulich, nett, drückte sich ans Gitter und ließ sich kraulen. Allerdings ließen wir seine Vorgeschichte nicht außer Acht und es dauerte auch keine Ewigkeiten, bis er unseren Pfleger angriff. Es ging wohl darum, dass Timmy nicht alleine im Freilauf zurück gelassen werden wollte.
Mit der Gassigeherin gab es auch diverse Auffälligkeiten im Bezug auf Ressourcen und Bedrängen (Timmy sieht es bereits als Bedrängung, ihm die Leine zwischen den Beinen zu entfernen).

Es gab zig Anfragen für diesen Hund. Mehr als für die meisten anderen Hunde in der Vermittlung. Jedoch war meist schnell klar, dass die Leute mit so einem Hund nicht zurechtkommen würden. Timmy war halt nicht einfach nur stur, sondern in verschiedenen Situationen als bissig zu bezeichnen.
Ich hatte bei einigen Anfragen tatsächlich das Gefühl, dass ich gegen eine Wand rede und/oder die Leute einfach ein bisschen erzählen wollten.

Eines Tages kamen dann Interessenten aus großer Entfernung und lernten Timmy kennen. Die Voraussetzungen schienen perfekt. Gesetztes Alter, hatten ihr Leben lang Hunde, auch Aussie´s, die Frau zu Hause und ganz wichtig: Ich glaubte, dass sie meinen Ausführungen Glauben schenkten und wussten was mit dem Hund auf sie zukommt.

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Unsere Freude währte jedoch nicht lange. Nach zwei Wochen wurde Timmy sonntags spät abends zurück gebracht, weil er mehrmals gebissen hatte. Von da an beschloss ich Interessenten noch genauer unter die Lupe zu nehmen, auch wenn ich gerne zu hören bekam, dass wir diesen Hund ja scheinbar gar nicht vermitteln wollen. Dieser Schatz sollte aber nicht zum Wanderpokal werden.

Irgendwie hatte Timmy schon mein Herz berührt. Mehr als manch anderer Insasse.
Er hat sehr viele Vorzüge: hundeverträglich, sehr aufmerk- sam, sehr anhänglich und verschmust.

Da meine beiden Hunde schon älter waren und größtenteils „in der Spur liefen“, integrierte ich Timmy des Öfteren in eines meiner Hobby´s: Hundeseminare besuchen. So begleitete er mich immer mal wieder tagsüber auf ein Seminar.

Seine Problematik war anfangs allerdings nicht wirklich „zu sehen“. Leider verschlechterte er sich jedoch im Laufe der Monate. Es gab eine Phase, wo anleinen, Geschirr anziehen, Halsband anziehen etc. ein riesiges Problem war.

Natürlich fragte ich mich oft: Wie soll es mit diesem Hund weiter gehen, wenn er sich weiter verschlimmert? Eine Übernahme kam für mich als Dritthund nicht in Frage. Außerdem war es überhaupt nicht mein Typ Hund.

Ende Mai 2016 starb dann mein Rüde nach knapp 11 gemeinsamen Jahren. So leid mir der Tod eines geliebten Tieres tut, weiß ich jedoch immer, dass im Zwinger etliche Hunde auf diesen Platz, der frei geworden ist, warten.

Natürlich kam auch Timmy in meinem Kopf vor. Ich hatte jedoch irgendwie dieses Mal gar nicht den Drang den Platz wieder zu besetzen. Irgendwie erschien mir alles bequem, wie es gerade war. Wusste ich auch, dass ein Neuzugang erst mal Stress bedeutet. Gerade dann wenn man so eine Zicke wie meine Hündin Kyara hat.

Irgendwie hatte ich dann aber doch eine Trainingswoche mit Timmy bei meinem Lieblingstrainer Thomas Baumann in Brandenburg gebucht. Allerdings war mir immer unwohler, je näher der Termin heran rückte, obwohl ich mich doch eigentlich auf Urlaub und Training freuen sollte.

In meinem Kopf ging es drunter und drüber. Zum einen kamen die Gedanken auf:
Timmy leidet im Tierheim, seine Vermittlungschancen sind schlecht. Was wenn er irgendwann gar nicht mehr zu händeln ist.

Zum anderen kam aber auch auf: Kannst du deiner Mutter das Zusammenleben mit so einem Hund antun, wer kümmert sich um so einen Hund wenn du mal ein paar Tage weg bist und warum dieser Stress, wo alles grad so eingefahren ist?

Auch am ersten Abend nach der Anamnese hab ich mich gefrustet von dem Gedanken der Adoption verabschiedet. Wieso soll man sich so einen Hund antun und alles komplizierter machen als es ist?

Ich hätte wirklich heimfahren und ihn ins Tierheim bringen können. Ich hatte dort liebe Leute kennengelernt, die mich aufgeheitert hatten und mir Zuspruch gaben. Auch meine Mutter sprach mir an dem Abend Mut zu. Das erleichterte mich dann auch irgendwie.

Die nächsten Tage wurden besser. Das Training klappte super, Timmy sprach unglaublich gut aufs arbeiten an und die Erfolgsaussichten für diesen Hund stiegen. Auch ich wurde sicherer und schon donnerstags war klar, was dienstags noch völlig zerschlagen wurde:
Timmy wird freitags in Zweibrücken nicht mehr in den Zwinger im Tierheim ziehen, sondern zu mir.

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Das war am 05. August 2016.
Übrigens, auf den Tag genau 11 Jahre vorher war mein Paul eingezogen. Ja, ich halte dieses Datum ehrlich gesagt nicht für Zufall.

Das Zusammenleben klappte vom ersten Tag an besser als erwartet.

Fatal wäre natürlich gewesen ihn wie einen normalen Hund zu behandeln. Ich wusste eben, dass viele Sachen mit ihm einfach (noch) nicht gehen. Das Anleinen hatte die ersten Tage einen stocksteifen Hund zur Folge. Höchste Alarmstufe bei einem Hund wie ihm. Aber bereits nach wenigen Tagen funktionierte es besser und er wurde lockerer.
Auf ein Geschirr hatten wir lange verzichtet, da er mich beim Anziehen sicherlich attackiert hätte. Den Maulkorb hatten wir in einigen Situationen des Öfteren gebraucht.

Beute, Fressbares, was er in Beschlag nehmen kann, wird verteidigt. Das wusste ich aber und habe auch daran gearbeitet. Schließlich soll unser Ziel ja sein, dass ich ihn draußen daran hindern könnte etwas aufzunehmen. Frust erträgt er eben sehr schlecht.

Mittlerweile lebt er einige Monate bei mir und ich kann sagen, dass es sich gelohnt hat. Wir verbuchen gute Fortschritte und nähern uns mehr und mehr an.

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Sicherlich ist es einfacher einen Hund zu adoptieren, von dem man weiß, dass er einem nicht beißen würde, wenn man ihn seiner Meinung nach zu sehr bedrängt oder aber ihn an etwas hindern will, was er jetzt aber gerne tun würde. Aber es lohnt sich.

Auch wenn ich auch heute noch nicht von meinem Seelenhund sprechen kann, bin ich sicher, dass gerade diese Freundschaften die Intensivsten sein werden. Täglich haben wir mehr Vertrauen ineinander und das schweißt unglaublich zusammen.

Kurzum: Ich würde es immer wieder tun und habe es nicht bereut!

15.12.2016

17.12.2016


weihnachtstiere

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