Mein Mann belud grade den Dachsarg für die Fahrt in den Urlaub, als die alte Frau von gegenüber zu ihm kam und ihm vertrauensvoll die Schildkröte in die Hand drückte, die sie gerade in ihrem Garten gefunden hatte.

Er kam damit gleich zu mir. Was tun?
Die tierfreundliche Nachbarin nebenan erklärte sich bereit, das Tierchen für uns aufzubewahren, bis wir wieder da waren. So lange lebte sie in einem Hasenkasten.

Ich hatte nie zuvor eine Schildkröte gehabt und nicht viel Ahnung von ihrer Haltung. Also befragte ich gleich nach unserer Rückkehr das Netz, und so lange musste sie provisorisch in dem Hasenstall mit gelegentlichem Freilauf leben. Sie war damit ganz offensichtlich nicht glücklich. So eingesperrt, das war nichts für sie. Wann immer sie heraus kam, gab es nur eins: laufen. Wenn möglich geradeaus. So kam sie zu ihrem Namen. Nurmi nannte ich sie, nach dem legendären Langstreckenläufer.

Das Internet belehrte mich, dass ein Schildkrötengehege mindestens 10 m² für ein ausgewachsenes Tier haben sollte. Angesichts Nurmis Lauffreude erschien mir das zu klein, obwohl sie alles andere als ausgewachsen war. Ich gönnte ihr etwa 15 m².


Sobald das Gehege einigermaßen artgerecht bepflanzt und ausgestattet war, hörte sie auf, am Rand entlang zu laufen und einen Ausgang zu suchen, sondern nahm den Wohnsitz an.


Die erste Winterstarre bei mir musste sie im Haus, im Kellerkühlschrank verbringen, da ich mich noch nicht traute, sie draußen überwintern zu lassen. In den Folgejahren, inzwischen mit einem anständigen Frühbeet und Schlafhaus,

durfte sie ganzjährig draußen bleiben und die Winterstarre in eigener Regie beginnen und beenden.
Im Frühling nach der Kühlschranküberwinterung durfte sie ins Gehege, ins mit Futterpflanzen aus- gestattete Frühbeet umziehen.

Teilweise fütterte ich noch zu,

aber in diesem zweiten Jahr legte der Bewuchs des Geheges kräftig zu,

und bald fand sie nicht nur genügend Futter, sondern auch reichlich Verstecke.

Und Schildkröten können sich gut verstecken! Was habe ich sie manchmal gesucht!
Ich verbesserte das Gehege weiter, schaffte Sonnenplätze, die gerne morgens zum Aufwärmen genutzt wurden,

Höhlen und Klettermöglichkeiten

Das machte mir Spaß, und Nurmi nahm es gern an. So wuchs sie heran, und nach ein paar Jahren, zwar immer noch halbwüchsig, war sie doch schon deutlich mehr als die Handvoll, die wir bekommen hatten.

Im Lauf der nächsten Jahre kamen weitere Tiere dazu. Ein Abgabetier, ein weiteres Fundtier, und zwei übernahm ich auf einen Aushang beim Tierarzt hin von einem Züchter, der aus gesundheitlichen Gründen die Zucht aufgab und seinen Bestand radikal verkleinern musste.
Entsprechend wuchs das Gehege


und aus dem Frühbeet wurde ein Gewächshaus.
 
Doch nach Jahren ging es mir wie dem Züchter, von dem ich zwei Weibchen übernommen hatte:
Ich musste sie abgeben.
Man sollte es sich halt gut überlegen, im fortgeschrittenen Alter mit der Haltung so langlebiger Tiere zu beginnen, zumal wenn man keine Nachkommen hat, die die Tiere über- nehmen können.
Es gelang mir aber, für alle Tiere sehr gute Plätze zu finden. Einige verbesserten sich nochmal deutlich und zogen in Gehege von 100 m² und mehr, so auch Nurmi.
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