Ich wollte einen zweiten Hund.
Keinen bestimmten und da der vorhandene Hund als Welpe vom Züchter kam, sollte er oder sie gerne aus dem Tierschutz kommen. Und es sollte ein eher großer Hund sein – Ich fühlte mich erfahren genug. :-)
Da ich in den umliegenden Tierheimen nicht fündig wurde (es sollte ja auch zu meinem Leben und den Umständen passen), durchforstete ich das Internet... und konnte mich nicht entscheiden.
Einer gefiel mir und ich fragte mal vorsichtig an. Beim nachfolgenden Telefonat stellte sich heraus, es passt nicht so richtig, aber sie hätten da einen, der passen würde.
Und ja – ich sah die Bilder und wusste:
„Der ist es!“
Was war das aufregend. Mitten in der Nacht auf dem Flughafen auf einen Flug aus Fuerteventura warten.
Ich war ja ganz unerfahren und als dieser riieesengroße graue Hund – ich hatte extra mit dem Zollstock geschaut wie groß 60 cm sind... Ähm ja, jedenfalls größer als gedacht (:-o - Er war auch 66 cm) – mit den bernsteinfarbenen Augen aus der ebenfalls riesigen Box stieg, hatte ich schon Zweifel.
Die erste Herausforderung war es, überhaupt aus dem Flughafengebäude raus zu kommen.
Dalai war nicht in den Fahrstuhl zu bewegen, lief gegen jede Glasscheibe und wollte sein Spiegelbild begrüßen. Aber er war nett und so kamen wir auch irgendwann Zuhause an.
Die Vorstellung mit seiner neuen vierbeinigen Mitbewohnerin, meiner 7-jährigen Mittel- schnauzerhündin, verlief unspektakulär.
Die erste Nacht war eher „anstrengend“. Wie gesagt, ich war unerfahren.
Dalai fand keine Ruhe und lief die ganze Nacht umher. Am Morgen wurde ich von einem großen Haufen begrüßt.
Der arme Kerl war sicher noch nie im Leben in einem Haus gewesen, lief mehrmals gegen die Terrassentüre, wollte immer und immer wieder sein Spiegelbild begrüßen und fand die angebotenen Liegeplätze gruselig. Viel zu weich.
Als er das erste mal doch auf die Matte trat, ist er wie von einer Tarantel gestochen in die Luft ge- sprungen.
Auf das Sofa gehen, undenkbar.
Die erste Fütterung, ernüchternd – Er knurrte wie wild, wenn sich irgendwas in der Nähe bewegte...
Ja, und beim Spaziergang hat er nur pinkeln können, wenn ich stehen blieb und in den Himmel schaute... Aber eins war klar – er war wunderschön und ich musste noch viel lernen.
Er hatte lustige Ohren
Dalai war mit seinem Kumpel Lama, einem Schäferhund, eines Morgens angebunden vor der Perrera aufgefunden worden.
Die Beiden hatten wohl eine Ziege getötet und waren fürchterlich dafür verhauen worden. Dalai hatte eine Verletzung im Auge und eine nicht heilen wollende Wunde am Knie.
Er wurde auf 3-5 Jahre geschätzt, ein Bardino, mit allen Hunden verträglich. Er hatte ein sehr ausgeglichenes Temperament und starken Jagdtrieb.
Aber er war wie ein Rohdiamant – Innerhalb kürzester Zeit lernte er alles und war immer bemüht, alles richtig zu machen.
Ich ging mit ihm auf den Hundeplatz und nahm ihn überall mit hin. Egal was wir taten, er machte einfach alles richtig, war immer nett und selbst der Jagdtrieb recht schnell kein Problem mehr.
Einzig seine Angst vor Schlägen – er drückte sich platt auf den Boden, wenn man die Hand hob oder ich für Nora ein Stöckchen oder Ball geworfen haben – belastete ihn noch eine ganze Weile. Aber auch das konnte er, mit Geduld und Liebe, überwinden.
Die Panik, man könnte ihm das Fressen wegnehmen, brauchte Zeit. Die bekam er und so konnte man irgendwann auch an seinen Napf wenn er fraß, ohne das er Stress bekam. Nur ein Hund sollte ihm da nicht zu nahe kommen, dass bekam Nora auch zu spüren und so wurde vorsichtshalber getrennt gefüttert.
Für Spielzeug konnte ich ihn nie begeistern, aber für Aufmerksamkeit und Streicheleinheiten, tat er einfach alles. Und natürlich für Leckerchen.
Da er so nett und vorsichtig war, nahm ich ihn dann auch mit zu Besuchsdienst ins Pflegeheim.
Er war einfach toll, so feinfühlig. Und obwohl er ja groß und dunkel gestromt war, hatte kaum Jemand Angst vor ihm; er bestach durch sein Charisma.
So war er immer dabei, auf den Messeständen, auf Vorträgen, Veranstaltungen, auf allen Reisen und sogar einen Fernsehauftritt hatte er.
Dalai war so bescheiden, so brav – ein absoluter Traum
Ich muss ja gestehen, anfangs war ich manchmal verunsichert, ein erwachsener Hund, so groß und aus dem Ausland...
Wer weiß was er erlebt hat, wie er in verschiedenen Situationen reagieren würde und ob es mit Nora gut ging. Sie war ja schließlich ihre ersten 7 Jahre ein Einzelhund.
Nora und er waren wie ein altes Ehepaar
Aber es war einfach perfekt – er war perfekt!
Wir hatte tolle Jahre.
Er und Nora waren meine ständigen Begleiter wenn ich draußen in der Natur unterwegs war. Sie liefen begeistert am Fahrrad mit, begleiteten mich beim Joggen oder Inliner fahren und natürlich beim Wandern.
Die Urlaube an Ostsee und Nordsee fand er toll. Aber er war Wasserscheu und konnte Noras Schwimmbegeisterung gar nicht verstehen.
Einmal konnten Dalai und Nora leider nicht mitkommen, da sind wir nach England geflogen und sie waren solang in einer Hundepension bei einer befreundeten Hundetrainerin untergebracht.
Dort liefen sie in einer großen Hundegruppe mit und verstanden sich mit allen prima – natürlich hatte die Beiden eine Decke von Zuhause mitbekommen, um sich ein bisschen heimisch zu fühlen...
Und was hat Dalai gemacht?
Die Decke ständig rumgeschleppt, damit sich ja kein Anderer drauf legen kann. Ich fand das so rührend. :-)
Er mochte den Schnee
Als wir umgezogen sind und endlich einen richtig schönen großen Garten hatte, genossen es die Hunde, stundenlang in der Sonne zu liegen.
Und bei der Arbeit zu „helfen“
Als Nora plötzlich sehr krank wurde und leider auch erlöste werden musste, war schnell klar, es muss wieder ein Kamerad für Dalai einziehen. Denn obwohl ich die ganzen Jahre nicht den Eindruck hatte, die Beiden würden eine besondere Beziehung miteinander haben - sie lebten scheinbar nur so nebeneinander her, sie spielten nicht miteinander und lagen nie direkt zusammen – wurde er plötzlich sehr unsicher. Ihm schien die sehr selbstbewusste Partnerin zu fehlen.
So erfüllte ich mir meinen lang gehegten Lebenstraum und Mig zog ein.
Er fand sie erstmal blöd
Aber schon nach kurzer Zeit legte sich seine Unruhe und Unsicherheit wieder. Mig war eine sehr starke Persönlichkeit und er nahm gerne ihre Führung an und orientierte sich an ihr. Sie spielten sogar miteinander (sie war ja erst 6 Monate alt) und wurden ein tolles Paar.
Auch das „Baby“ fand er erstmal doof, hat aber ganz Gentleman den Mädels sein Kissen überlassen und sich nicht nehmen lassen, draußen auf sie aufzupassen
Mit den Jahren kamen leider auch die Krankheiten und Dalai erwischte es arg.
Das Herz (Dilatative Kardiomyopathie) und die Gelenke (Ellenbogen und Hüfte) machten ihm zunehmend Probleme. Er bekam viele Tabletten, die er immer ganz brav genommen hat, aber leider gerade die Herzerkrankung nur wenig aufhalten konnten.
Trotzdem versuchte er immer dabei zu sein und war so traurig, wenn er zu Hause bleiben musste, weil er kaum laufen konnte und ihm die Luft zum Atmen fehlte...
Er war schrecklich; ich konnte nichts tun als es ihm noch so schön wie möglich zu machen... Aber eines Tages musste ich kapitulieren und ihn gehen lassen.
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