Jessys Weg in ein neues Zuhause

Jessy ist ein älterer Yorkshire Terrier; er wird auf über 10 Jahre geschätzt.
Für einen Yorkshire ist er eher schmächtig, sein Haarkleid nicht nur glatt, sondern teilweise kraus, was ihm einen spitzbübischen Ausdruck gibt.
Ich lernte ihn im Tierheim Dortmund kennen. Eines Samstages morgens, als wir uns Ehrenamtliche zum Hundeausführen trafen, wurde ich gebeten, mich stattdessen um Jessy zu kümmern.
Es war Mitte Dezember 2018, nass, kalt, und Jessy war erst ein paar Tage im Tierheim. Ein klassischer Fall wie Tiere oft ins Tierheim gelangen: Der Besitzer konnte sich krankheitsbedingt nicht mehr kümmern.
Der Schock durch Trennung und neuem Aufenthaltsort schien bei Jessy tief zu sitzen, denn er fraß und trank nicht (mehr) selbständig und wirkte apathisch. Er hatte auch schon abgenommen.
Ich setzte mich also zu ihm in den Zwinger und tat nichts anderes, als Kontakt aufzunehmen, ihn zum Fressen und Trinken zu bewegen und ein paar mal zu streicheln.
Die anderen Hunde, die mich aus ihren Zwingern wahrnehmen konnten, waren aufgrund meines Verhaltens irritiert und bellten; denn ich verbrachte über eine Stunde mehr oder weniger regungslos im Zwinger bei Jessy. Er zitterte und streckte nur kurz sein Köpfchen, wenn ich ihm etwas anbot.
Die nächste Woche war er in einen ruhigeren Trakt des Tierheims umgezogen.
Diesmal nahm ich ihn mit in den Eingangsbereich des Tierheims – es war noch keine Besuchszeit und verhältnismäßig ruhig. Er reagierte gelassen und ließ sich sogar füttern.
Draußen vor der Tür war er ganz Hund und ging schnüffeln und seinem Geschäft nach.

Positiv bestärkt durch die Aufgewecktheit, die er zeigte, nahm ich ihn mit zu „unserer“ kleinen Weihnachtsfeier - es war 22.12.2018 - und wir Ehrenamtlichen und ein paar der Mitarbeiter vom Tierheim saßen zusammen. Auch hier war er zwar scheu, nahm aber Kontakt zu Menschen auf, und auch zu einem Besuchshund.
Es war klar, dass für Jessy über die Weihnachtstage ein anderer Platz hermusste – den Mitarbeitern schwebte eine Pflegestelle zumindest über die Feiertage als Notlösung vor. Spontan bot ich mich an, denn ich hatte ihn schon ins Herz geschlossen.
Von meiner Wohnsituation her sprach nichts dagegen; ich hatte eine ruhiges Zuhause und Urlaub. Mit allem notwendigen – Hundekorb, Näpfe, Futter, Geschirr und Leine, Tier- dokumente und Notfallnummer – ausgestattet, nahm ich den kleinen Yorkie an dem Nachmittag mit zu mir.
Wider erwarten durchstöberte er, ohne zu zögern, meine für ihn fremde Wohnung und setzte gleich an auf mein Sofa zu springen – Soviel Selbstbewusstsein hatte ich dem kleinen Kerl gar nicht zugetraut.
Nach seiner Erkundung machte ich ihm erstmal sein Körbchen schmackhaft, in das er sich dann auch begab und bald einschlief.

Die Weihnachts- und Feiertage, die er bei mir war, trank und fraß er nur nach Auf- forderung bzw. aus der Hand – und erst nach mehrmaligen Versuchen.
Ansonsten lebte er auf, begann Nähe zu mir zu suchen und zu schmusen; morgens sprang er ausgelassen herum. Draußen war er ausgiebig am Schnüffeln, nahm freundlich Kontakt zu Artgenossen auf und war ein lauffreudiges Kerlchen.

Doch die Sorgen ließen nicht nach:
Zum einen musste ein dauerhaftes Zuhause für ihn gefunden werden, zum anderen war da sein unterernährter Allgemeinzustand aufgrund seines Fressverhaltens. Ein Tierarztgang brachte dann auch die Gewissheit, dass er krank war: Er hatte einen Blasenstein.
Es war einer von der Sorte, der nur operativ entfernt werden konnte, also nicht medikamentös behandelt werden konnte. Unter dem Schmerzmittel, das er bis zu OP bekam, hatte ich das Gefühl, dass er besser fraß. Immerhin ein Lichtblick.
Ich hörte mich nun aktiv nach einer Person um, die ihm ein neues gutes Zuhause geben wollte.
Im neuen Jahr 2019 war es dann soweit: Eine liebe Frau, die schon einmal ein älteren kleinen Hund hatte, wollte Jessy kennenlernen. Zum Glück lebt sie auch in Dortmund.
Und ja, das Happy End wurde wahr, Jessy passte zu ihr und sie zu ihm. Er zog bei ihr ein.
Und dann überstand Jessy auch die OP, in der der Blasenstein entfernt wurde, sehr gut. Ein Stein viel mir vom Herzen.
Auf den letzten Fotos sieht man ihn vergnügt auf einem Spaziergang mit dem neuen Frauchen:
 
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