Richi wurde am 04.06.2008 angebunden auf einem Schulhof gefunden.
Da er leider überhaupt keine Kennzeichnung hatte, konnte seine Herkunft auch nie geklärt werden. Wahrscheinlich wollte der Besitzer ihn wie so oft einfach nur schnellstens loswerden.
Richi wurde damals vom Tierarzt auf ca. 3 Jahre geschätzt und nach einem Gentest als Pitbull- Retriever-Mischling eingestuft.
Schnell stellte sich heraus, dass er kein einfacher Hund ist. Er war schlecht sozialisiert und zeigte ausgeprägtes Territorialverhalten. Eine Vermittlung eines Listenhundes ist ja so schon nicht einfach aber wenn er dann auch noch schlechtes Verhalten zeigt fast unmöglich. Das Tierheim hat an seinem Verhalten gearbeitet und so hat er seinen Wesenstest mit Bravour bestanden.
Im Laufe der Jahre gab es leider nie die passenden Interessenten für ihn, und je länger er im Tierheim saß und je älter er wurde desto weniger interessierten sich überhaupt für ihn.
In dieser Zeit gab es aber immer wieder mal Menschen, die sich ehrenamtlich im Tierheim als Gassigänger engagierten und sich dann auch um Richi kümmerten, so konnte er wenigstens ein bisschen dem Tierheimalltag entfliehen und Zuwendung erfahren.
Auch gab es in dieser Zeit die ein oder andere souveräne Hündin mit der er sich dann doch recht gut verstand und mit denen er zusammen zumindest im Auslauf sein konnte. Aber immer wieder musste er miterleben, dass Menschen, zu denen er eine Bindung aufbaute, gingen und seine Freundinnen vermittelt wurden.
Aber sein Schicksal sollte sich dann doch noch zum Guten wenden.
Im Sommer 2016 beschlossen wir, Mitglied im Tierheim Wetterau zu werden, um uns ehrenamtlich als Gassigänger zu engagieren. Da hatten wir auch unsere erste Begegnung mit Richi.
Sein Schicksal machte uns sehr betroffen, aber er zeigte sich erstmal von seiner unschönen Seite und knurrte und verbellte uns vor seinem Zwinger. Zunächst sind wir mit anderen Hunden Gassi gegangen und haben mit Lissy, einer 12-jährigen, etwas „verrückten“ Tibet Terrier-Hündin unseren ersten Patenhund gefunden.
Mit Richi sind wir damals noch nicht Gassi gegangen, aber er hat sich so langsam an uns gewöhnt und liess sich mit ein paar Leckerchen auch mal ködern und ein bisschen durchs Gitter bekrabbeln.
Lissy konnte dann nach ein paar Monaten glücklich vermittelt werden. Da haben wir die Tierheim- mitarbeiter befragt ob wir nicht auch mit Richi gehen könnten.
Zu der Zeit hatte er leider nur eine feste Gassigängerin die 3 Mal in der Woche mit ihm raus ging. Unser Vorschlag wurde sehr gerne angenommen und so sind wir zunächst zu dritt mit ihm die ersten Runden gegangen. Im Laufe der Zeit baute sich immer mehr ein vertrauensvolles Verhältnis zu ihm auf.
Wir haben für ihn die Patenschaft übernommen und zunächst sein Futter gekauft. Unsere Unterstützung weitete sich immer weiter aus. Da er immer ein Maulkorb draußen tragen musste, ließen wir ihm ein bequemeres Model maßanfertigen. Er bekam ein Bettchen, ein neues Halsband und einen Mantel für die ganz kalten Wintertage.
Um ihm mehr Freiheit zu geben, wollten wir mit ihm Schleppleinentraining machen und so gab uns ein mit dem Tierheim schon langjährig verbundener Hundetrainer eine Gratisstunde.
Schließlich gab uns das Tierheim sogar die Möglichkeit auch mal mit ihm weg zu fahren, damit er andere Umgebungen sehen kann. Also sind wir mit ihm im Sommer in den Wald und an den See und im Winter in den Schnee gefahren.
Man hat ihm richtig angemerkt, wieviel Spaß und Freude er an diesen Ausflügen hat.
In der Zeit konnte er sich auch mit unserer Hündin Ayla langsam anfreunden. Er durfte dann auch mit in unsere Wohnung und so gab es auch immer ausgiebige Schmuseeinheiten auf der Couch. Mit unserer Hündin Ayla sind wir in die Hundeschule zu einem Activity Kurs gegangen und dachten uns das wäre doch auch was für Richi. Die Hundeschule hat sich sehr über unser Engagement gefreut und uns diese Möglichkeit auch gegeben.
Richi hat es auch dort sehr gut gefallen und trotz seines Alters die Übungen sehr gut gemeistert. Sein Körperbewusstsein und die Beweglichkeit haben sich dort erheblich verbessert. In der ganzen Zeit hatte sich auch zu Richis langjähriger Gassigängerin ein sehr gutes freund- schaftliches Verhältnis entwickelt.
Anfang des Jahres eröffneten uns unsere damaligen Nachbarn, dass sie ausziehen werden. Und wie der Zufall es wollte suchte unsere Freundin gerade eine Wohnung. Sie hat sich die Wohnung angesehen und war sofort begeistert. Nach einem Treffen mit dem Vermieter hat sie dann den Zuschlag bekommen.
In der ganzen Zeit ist Richi immer mehr zu unserem Hund geworden und es gab immer wieder Überlegungen, ob er nicht doch endgültig bei uns einziehen könnte. Inzwischen hatten sich die Rahmenbedingungen ja optimal entwickelt und es sprach kaum noch etwas dagegen.
Wir hatten ja noch Hoffnung, dass ihn jemand adoptiert, aber in der Zeit gab es keinen einzigen wirklich richtigen Interessenten. Mit den entsprechenden Auflagen was seine Haltung angeht hatten wir uns schon ausgiebig auseinander gesetzt. Die Sachkunde hatten wir mit ihm inzwischen schon gemacht. Also haben wir den Vorschlag im Tierheim gemacht ihn zu übernehmen und so haben wir die Haltergenehmigung beantragt, den Wesenstest gemacht und im September war es so weit und er durfte hier einziehen. Er hatte sich ja schon etwas an Ayla, die Katzen und die Wohnung gewöhnt, aber die Anfangszeit war noch schwer für ihn.
Für ihn war es ungewohnt plötzlich den normalen Alltag mit uns zu erleben. Aber inzwischen hat er sich daran gewöhnt und genießt sein Dasein als geliebter Familienhund.
Wir sind froh diese Entscheidung getroffen zu haben, da er sichtlich glücklich ist und auch seine Alterswehwehchen sich deutlich gebessert haben. Dass seine langjährige Gassigängerin mit im Haus wohnt macht ihn noch glücklicher. Sie unterstützt uns zusätzlich und geht mit ihm auch gerne ab und zu eine Gassirunde.
Nachts schläft er separiert in einem Zimmer, da er gelegentlich aus dem Schlaf hochschreckt. 10 Jahre Tierheim steckt er halt nicht einfach so weg, und die Wachsamkeit bleibt.
Wir hoffen mit diesem Bericht noch mehr Leuten Mut zu machen, sich im Tierschutz zu engagieren und auch weniger einfachen Hunden eine Chance zu geben.
Es gibt so viele arme Seelen in den Tierheimen. an die sich keiner ran traut und an deren Zwinger keiner stehen bleibt. Aber auch sie können mit viel Geduld resozialisiert werden und eine Bindung zu einem Menschen eingehen. Es muss ja nicht immer auf eine Adoption hinauslaufen, aber eine Patenschaft ist eine sehr gute Möglichkeit etwas Gutes zu tun.
Wenn man einen Hund adoptieren möchte, sollte man sich länger Zeit nehmen um den passenden zu finden.
Gerade bei den armen Seelchen im Tierheim die oft ihre geliebte Bezugsperson verloren haben oder nie eine hatten, kann es länger dauern bis sie sich auf eine Bindung einlassen. Diese ist dafür dann häufig besonders tief, und es ist einfach wunderbar zu erleben, wie sie im Zuhause immer weiter aufblühen.
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