Ein kurzes Glück

Er war alt, taugte nicht mehr als Wachhund und wurde nach 14 Jahren an der Kette entsorgt...
Es war gut das ein Tierschutzverein sich seiner annahm, aber er kam in dem großen Hunderudel einfach nicht zurecht und ging völlig unter - kannte er doch sein ganzes Leben nur diesen beschränkten Raum seiner Kette und sonst nix.
Und nun war da plötzlich Platz und Raum und viele andere Hunde.
Na ja, die Vermittlungschancen in Spanien kann man sich ja denken...
So ereilte mich eine Mail und eines Tages kam Mash von Fuerteventura nach Deutschland.
Die Spuren einer eingewachsenen Kette, klapperig, struppiges, nicht gerade erfreulich riechendes Fell, schlechte Zähne...
Ein richtig altes Männlein - aber Mann genug, um gleich mal sämtliche Ecken, Pflanzen und Möbel in der Wohnung zu markieren.

Ich war erstmal nicht erfreut... Wahrscheinlich dachte er dann, er heißt NEIN. Aber immerhin war er ab da auch sofort stubenrein.
Er kannte scheinbar weder eine Decke, noch regelmäßiges Futter, war sicher noch nie gebürstet, gestreichelt und umsorgt worden. Trotzdem hat Mash sich super schnell eingelebt, jegliche Zuwendung sehr genossen und meine zwei Engländer sehr gemocht.

Ich fand es sehr erstaunlich wie schnell er sich in den Tagesablauf einfügte und wie gerne er mit den Mädels zusammenlag, obwohl er sonst keinerlei Kontakt suchte.
Beim Spaziergang ging er seiner Wege und beachtete niemanden, zeigte er aber klar: Andere Rüden sind unnötig.
Er kannte ja nix, also weder an der Leine laufen noch irgendwelche Kommandos. Er brauchte auch nix mehr lernen – er sollte erleben dürfen das ein Hundeleben auch richtig schön sein konnte.

Da er keine Probleme mit dem Autofahren hatte, konnten wir unsere Spaziergänge in Wald, Wiese, Feld machen. Ganz in seinem Tempo. Und er hat es sichtlich genossen.
Anfangs schien er verwirrt - Sicher hatte er noch nie ein Haus von Innen gesehen und die angebotenen Liegeplätze fand er eher gruselig... zu weich, zu fremd. Aus einem eigenen Napf zu fressen, gebürstet zu werden, überhaupt Zuwendung.
Er war sehr still und unauffällig, schlief viel und suchte keinerlei Kontakt.

Gesundheitlich ging es ihm auch nicht so gut - Scheinbar war er taub, die Augen nicht schön und die Blutwerte katastrophal...
Weitere Untersuchungen wurden aber erstmal verschoben, er sollte erstmal zur Ruhe und ankommen. Der Tierarztbesuch war sehr anstrengend für ihn.
Er wurde immer schöner und man konnte zusehen wie er immer entspannter wurde und anfing das Leben zu genießen.

Als er eines Tages wohlig grunzend auf dem Rücken über seine weiche Matratze schubberte, hatte ich Tränen in den Augen...
Er lag gern und oft im Garten, und obwohl er offenbar keinerlei Bezug zum Menschen hatte, fand er eines Tages eine Schwachstelle im Zaun und lief mir nach, als ich einkaufen gegangen bin. Eine freundliche Nachbarin sah es und klingelte, so konnte mein Sohn ihr gleich wieder einfangen... So etwas darf natürlich nicht passieren!
Bis dahin lag er ja oft alleine im Garten und zeigte keinerlei Ambitionen zu gehen. Auch danach nie wieder, aber sicherheitshalber musste er dann in der Wohnung bleiben, wenn ich weg ging. Irgendwie schien das Männlein also doch einen Bezug zu mir zu haben...

Leider war im nicht mehr viel Zeit vergönnt...
Es schien, umso mehr er zur Ruhe kam, sich sicher und geborgen fühlte, umso mehr konnte er völlig entspannen und loslassen.

Ich hoffe sehr, er konnte diese, wenn auch kurze Zeit erleben wie schön das Leben sein kann - wie es sich anfühlt geborgen, umsorgt, geliebt zu werden...
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