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Die 2 Reisen der kleinen Trixie
Als Mimi, die Katze unserer Nachbarin und Freundin Eva, eine Entzündung am Auge hatte und zu jeder vollen Stunde ein paar Augentropfen brauchte, gab es keine andere Lösung, als Mimi bei der uns befreundeten Tierärztin zu lassen.
In einem Käfig. Um sie stündlich behandeln zu können. Sonst wäre sie nämlich abgehauen, denn die Behandlung war nicht unbedingt das, womit Mimi gerne beschäftigt wurde. Die Katzenklappe konnte nicht zugemacht werden – schließlich gab und gibt es noch weitere Mitbewohner auf vier Pfoten – und die rechte Einsicht, dass sie jede Stunde auf Zurufen wieder reinkommt, war von der Patientin nicht zu erwarten.
Dass mit Mimis Augenbehandlung, die dem Katzengott sei Dank, schließlich erfolgreich verlaufen ist, ein weiteres Kätzchen in unser Leben treten sollte, konnten wir damals noch nicht im Geringsten ahnen.
Denn Mimi musste die Zeit im Krankenhaus nicht völlig allein verbringen, was uns besonders an den langen Wochenenden ein Trost war. Im Nachbarkäfig befand sich nämlich ein kleines Glückskätzchen, dreifarbig also, das vom Tierschutzverein hergebracht worden war.
Trixi, so wurde sie genannt und so heißt sie auch noch heute, hatte wohl eine größere Reise hinter sich. Sie wurde aufgelesen mit einem gebrochenen Bein am Rand unseres Landkreises, und sie war trotz ihres Gipsverbands erstaunlich beweglich und auch zutraulich. Genau die richtige Gesellschaft für Mimi.
 
Doch dann durfte Mimi – hurra, hurra! – nach ein paar Tagen als geheilt entlassen wieder nach Hause. Ein letzter Blick zurück – und da saß Trixi. Von nun an wohl ganz allein im Katzen-Hospital; andere Patienten waren derzeit keine da. Nicht mal ein verlaufenes Meerschweinchen.
Und dann Trixis Blick! Kein Vati, keine Mutti, keine Ahnung, wer sie vermissen könnte. Nein, das geht nicht! Das dürfen wir der kleinen Krankenhaus-Weggefährtin von Mimi nicht zumuten, wir sind doch keine Unmenschen!
Beim Tierschutz hieß es, dass wir Trixi eine Art Zwischen- Pension bieten könnten, bis sie ein neues Zuhause gefunden hat. Wir müssten bloß dafür Sorge tragen, dass sie mit ihrem Gipsbein noch nicht draußen in unserem großen Garten rumhüpft.
Und zweitens natürlich darauf achten, dass uns die Kleine nicht all zu sehr ans Herz wächst, denn das ist einer der häufigsten Fehler von Pensionswirten, aber man kann sich ja schließlich nicht um alle Kätzchen dieser Welt kümmern.
Schon klar. Wir sind Profis, so was passiert uns nicht, das sind Ratschläge für blutige Anfänger, aber nicht für uns!
Als Trixi dann zu uns kam und sich vorsichtig mit der Dame des Hauses, nämlich mit Chica, einer um Jahre älteren Perser-Siam-Mischlings-Dame, arrangiert hatte, wurde die Katzen- klappe geschlossen und der Kasten mit Katzenstreu aufgebaut. Denn auch Chica brauchte zu jenem Zeitpunkt regelmäßig Medizin.

Ob Trixi der Chica je erzählt hat, was für eine Reise sie hinter sich hat, wissen wir nicht. Wir wissen nur, dass es keine drei Minuten gebraucht hat um festzustellen: Für die Trixi braucht der Tierschutz kein neues Zuhause zu suchen, sie hat nämlich schon eins. Sie darf, sollte, möge doch gern, bitte bitte bitte, MUSS bei uns bleiben!

Doch der Dosenöffner denkt, der Katzengott lenkt. Wir hatten nämlich Katze vergessen.
„Katze“ ist der Name eines großen starken Katers, wie Mimi ebenfalls von unserer Freundin und Hausmitbewohnerin Eva, der bei uns seine Zweitheimat gefunden hatte.

Und der durfte nun nicht mehr rein – denn die Klappe war ja zu. Und als nach drei Wochen Trixis Gips entfernt werden konnte, Chica auch wieder auf der gesundheitlich grünen Seite war, die Klappe und die Türen wieder auf – sah Katze ausgerechnet seine Lieblingsplätze in unserer Wohnung von einem dreifarbigen Fremdling besetzt.
Es kam, was kommen musste: Da flogen die Fetzen bis Anschlag; und manchmal hatten wir den Eindruck, Katze will Trixi wirklich umbringen.
Ein Risiko, das wir in unserer positiven Denkart („Die raufen sich schon noch zusammen!“) total unterschätzt hatten: Eines Tages war Trixi weg. Sie kam einfach nicht mehr heim.
Panik!
Handzettel, Nachbarn befragen, im benachbarten Wald „Trixi, Trixi!“ rufen, Inserate in Zeitungen und Internetforen, Anzeigen bei Polizei, Tierschutz, Nachfragen beim Straßenbauamt etc. – einfach alles, was man tun kann. Zwischendurch gab es immer wieder mal sporadisch Nachrichten von Dorfmitbewohnern, dass sie Trixi gesehen hätten, aber alles ohne Erfolg.
Nach sage und schreibe fünfeinhalb Monaten dann die Nachricht:
Trixi wurde von einem Arbeiter von einer nur ein paar Kilometer entfernten Kiesgrube gefüttert. Und als es Winter und eiskalt geworden war, hat seine Frau ihn überredet, das Tierchen einzufangen und mit nach Hause zu nehmen. Dort entdeckten sie die Tätowierungen in Trixis Ohr, machten sich bei einem Tierarzt schlau, was sie bedeuten – und wir bekamen die Nachricht, dass es wohl unsere Trixi ist, die man da aufgenommen hat. Und das zu einem Zeitpunkt, zu dem wir die Suche schweren Herzens schon aufgegeben hatten.
Wie gesagt: nach fünfeinhalb Monaten, nach fast einem halben Jahr!
Wer zählt all die Freudentränen beim Wiedersehen, wer all die Leckerlis für die kleine Ausreißerin?

Und all die guten Vorsätze, nun endlich ein richtiges und sinnvolles Annäherungs- programm zwischen Trixi und Katze aufzubauen, damit so was nicht wieder passiert?
 
Kein Witz: Wie aufs Stichwort liegen heute Nachmittag Trixi und Katze – zwar immer noch im respektvollen Abstand von mindestens einem halben Meter, aber immerhin friedlich - nebeneinander in unserem Bett.

Wir werden wohl nie erfahren, was die kleine bunte Katze auf ihrer zweiten großen Reise alles erlebt hat. Aber wahrscheinlich hat sie ihre Abenteuer dem großen Kater namens Katze erzählt, ihrem alten und neuen Nachbarn.
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