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Max

Mein kanadischer Freund

- Eine Liebesgeschichte –

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Nein, mein Dickkopf gefällt nicht jedem.
Ich gebe Widerworte, diskutiere gern über Sinn und Zweck einer Aktion, einer Meinung, meiner Meinung.

Das ist in einer gedeihlichen Partnerschaft zwar belebend, aber auch anstrengend. Meine Freundin Regina behauptete jedoch beharrlich, dass Max gerade deshalb gut zu mir passe.

Zwei Sturköpfe?

Ich überlegte lange, ob ich „es“ wagen sollte.
Einerseits wusste ich, dass frau nicht mehr Herrin ihrer Entscheidungen ist, wenn sie vorgibt, etwas erst mal überlegen zu wollen. In dem Moment hat die andere Seite meist schon viele Pluspunkte verbucht.

Andererseits fühlte ich mich sicher, denn, wie Sie wissen müssen, lebte das Objekt meiner eventuellen Begierde in Kanada. Weit weg. Genug Wasser zwischen uns, um sicher zu sein, dass es nicht plötzlich vor meiner Tür stünde. Und ich kannte ihn nur von den Beschreibungen meiner Freundin und den Fotos, die sie mir schickte, und die mir zu- gegebenermaßen Eindruck machten.

Ende März wollte sie wieder für 6 Monate nach Deutschland kommen, und sie schrieb mir, dass sie ihn gerne mitbringen würde. In einem Anflug von Trotz rief ich sie an und knurrte missbilligend, dass sie Max dann ja bei sich beherbergen, beschäftigen, verköstigen könne. Und im Oktober könne er dann ja wieder mit ihr zurückreisen.

Was wusste ich schon von ihm?
Fast gar nichts. Er lebte mit seinem Freund Ronny zusammen. Die beiden seien ein Herz und eine Seele, erfuhr ich. Aber nun wollte Max sich allein auf den Weg machen und sein Herz von seiner Seele trennen?

Es war kein Trost, sondern eher belastend, dass meine Freundin meinte, er würde mit seiner netten Art überall gern gesehen, sie würde ihn mir gern vorstellen.

Ich rede hier um den heißen Brei herum, und Sie wissen längst, liebe Leser, dass er wenige Tage nach seiner Ankunft zusammen mit meiner Freundin vor meiner Haustür stand.

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Und?

Er blieb.
Vorerst, dachte ich mir, und richtete ihm ein Nachtlager her. Mein Haus hat viele Räume...

Schnell wurde mir eine seiner hervorstechenden Charaktereigenschaften deutlich:

Max hatte ein Gemüt ohne jegliche „seelische Blähungen“. In jeder Beziehung unkompliziert. Er wusste, wer er war.

Allerdings begannen wir doch schon bald so diese und jene Diskussion, in welche Richtung sich ein Zusammenleben entwickeln sollte. Er setzte sich oft durch, und ich lernte es, ihm diplomatisch das Empfinden zu lassen, mich überzeugt zu haben.

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Zum Glück teilten wir eine Eigenschaft von Anfang an:

Den Hang zu gutem Essen.
Einerlei ob Erdbeeren gezuckert, ob Salate mit feinen Ölen angemacht, sehr gern mit Kürbiskernöl, ob Fisch oder Fleisch, jede Art von Obst oder selbstgebackenes Vollkornbrot, Lamm oder Reh, Gurke oder Tomate, frisch musste alles sein, dann waren wir beide zu- frieden.

Wenn ich meine Tasse nicht dicht bei mir behielt, ver- griff er sich gern an meinem Milchkaffee.

Der Dosenöffner hat während unseres Zusammen- lebens seine Arbeit fast gänzlich einstellen können, bis auf gelegentliche Arbeitsanfälle bei der Öffnung einer Dose Tomatenmark zum Kochen.

Allerdings gebe ich Verärgerung zu, wenn ich für das Abendessen frischen Salat aus dem Garten holen wollte und vor den Resten stand, denn den Salat selbst hatte der, der jetzt mein Gefährte war, im Laufe des Tages bereits frisch verzehrt.

Meine Tochter fand ihn genauso hinreißend wie ich.

Nagten da eifersüchtige Gefühle?

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Und Beate, meine Freundin, eher von einer bur- schikosen (ich behauptete sogar: ungehobelten) Art, ließ sich von ihm, der so souverän und gelassen sein konnte – wenn er wollte – besänftigen.

Ich kannte sie kaum wieder, er leistete an ihr echte Erziehungsarbeit. Rasch unterließ sie ihre Kreischerei, mit der sie gern ihre Unsicherheit überspielte, wenn sie von etwas begeistert war.

Die Ostsee ist zwar kein Meer wie der Atlantik und wie Max es aus Kanada gewöhnt war und sogar im Winter zum Baden im Eis benutzt hatte, aber er genoss das Wasser trotzdem, schwamm weit hinaus, ließ mich besorgt zurück, sammelte herumalbernd den Blasentang vom Grund und trug ihn zwischen den Zähnen umher, während ich darüber lachend im Sand saß.

Für seine Idee, den Tang auch als Zwischenmahlzeit zu verwenden, konnte ich mich nicht begeistern.

Seine besondere Seite zeigte er im Frühsommer unseres ersten Jahres.

Am Abend zogen dunkle Wolken von Westen auf. Der Wind wiegte die Baumwipfel, er frischte auf, kam in heftigen Böen über die Felder und wirbelte das Laub hoch durch die Luft bis über das Hausdach. Es blitzte und donnerte, und damit brach alles zusammen: Sein Selbstbewusstsein, seine Gelassenheit.

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Seine schönen braunen Augen verdunkelten sich, die Augenringmuskeln umklammerten die Iris, er setzte sich zu mir aufs Sofa, starr vor Entsetzen und am ganzen Körper zitternd.

Es ging ein heftiges Gewitter nieder, lange Blitze rissen die Dunkelheit auf, am Himmel tobten sturm- getrieben die Wolken und rangen miteinander, unter den Donnerschlägen zitterten die Fensterscheiben meines alten Hauses, es grollte lang anhaltend.

Eine vorsichtige Berührung seiner Schulter hatte keinerlei Wirkung, er saß neben mir wie einge- schlossen. Dieser Naturbursche ängstigte sich entsetzlich.

Unsere Freundschaft hielt mehr als 12 Jahre.
Es war eine nicht immer unproblematische, und vielleicht gerade deshalb eine glückliche Zeit. Ich muss Ihnen aber auch von unserer Trennung erzählen.

Eine schwere Arthritis plagte ihn viele Jahre so sehr, dass er meist nicht ohne Schmerzmittel leben konnte. Trotzdem waren wir täglich im Wald unterwegs, fuhren gelegentlich in den Urlaub an die See, sammelten Blaubeeren im Sommer und Pilze im Herbst, und er erwies sich auch da als richtiger Mann:

Während er am Wegesrand saß, ging ich umher und trug Steinpilz um Marone um Pfifferling in den Korb für ein leckeres Mal am Abend. Wir hatten viele Gäste, die ich bekochte, während Max die Ovationen entgegennahm.

Mit frischen Blaubeeren ließ er sich im Wald gern bedienen und machte sich nur dann an die eigenen Pflückarbeit, wenn ich mich um sein diesbezügliches Verlangen nicht kümmerte, es einfach übersah.

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Das Ende unserer Beziehung kam binnen 5 Tagen.
Unruhe, Schmerzen, Erbrechen, eilige Arztbesuche, Spritzen, Blutuntersuchungen, Röntgen.

Aussichtslos.

In seiner letzten Nacht schleppte er sich unruhig erst durchs Haus, dann durch den Garten, ich von Zeit zu Zeit auf der Suche nach ihm. Gegen Morgen lag er auf dem Rasen und wollte auch nicht aufstehen, nicht mit mir ins Haus gehen. Eine unendliche Verzweiflung trieb mich noch für einige Minuten ins Bett. Der Verstand galoppierte davon und ließ das Gefühl zurück.

Ich weinte, weil ich wusste, dass wieder einmal der Zeitpunkt gekommen war. Noch in derselben Stunde rief ich den Notdienst an.

Die Tierärztin kam sehr schnell, überblickte sofort die Situation, und tief dankbar für diese Hilfeleistung setzte ich mich zu Max auf den Boden, um nach der Narkoseinjektion und der zweiten Spritze meinen guten, klugen Hund gehen zu lassen. Für immer über die Regenbogenbrücke, die vielen Hundehaltern bekannt ist.

Dort ist er jetzt, und das einzige, was sein Glück vollkommen machen könnte, wäre die Anwesenheit seines geliebten Frauchens.

Er wird noch eine Weile warten müssen...

© Frauke Opitz
 

08.12.2021

10.12.2021


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