Eine besondere Freundschaft
Wenn kleine Schweinchen Menschensprache könnten, würde ich mich wie einer Grundschulklasse fühlen. Jedes liebenswert und etwas Besonderes.
Ihre Charaktere so unterschiedlich wie ein großer, bunter Strauß wunderschöner Blumen. Wobei Schweine schon ein bisschen mehr als einen Schuss Wasser benötigen *lach*.
Es wäre laut, lebendig, bunt, sehr geschäftig, jeder möchte etwas sagen und am liebsten alle gleichzeitig.
Schweine, also zumindest die aus dem Meer, haben immer ziemlich viel zu tun. Und zu erzählen.
Ihr natürlicher Lebensraum ist: möglichst weit weg von dir. ;-)
Wenn sie dürften wie sie wollten, würden sie sich ausschließlich von Sonnenblumenkernen oder Erbsenflocken ernähren. Danach würden sie dir erzählen, das sie seit genau *auf die Uhr schau*, 10 Minuten nicht mehr gegessen haben und sich (ganz ehrlich!) jetzt schon ziemlich unterzuckert und schwach fühlen.
Viele anklagende Augenpaare verfolgen dich dann durch den Raum. Um die AKUTE Unterernährung zu unterstreichen, schreien sie dich an. Sie wollen:
1. Das du gefälligst schneller läufst 2. dich fragen, ob du sie auch wirklich, wirklich! nicht vergessen hast und 3. wenn du schon mal auf dem Weg bist, ob du – mal eben – ne neue Kuschelhöhle mitbringen könntest
Die Schweine aus dem Meer lieben es kuschelig. Sie hängen auch gern ab. Oder sind Sachensucher. Wie gesagt, das ist alles schon ein bisschen stressig was man so den ganzen Tag über schaffen muss. Der Oberste lässt des öfteren ausrichten, das er jetzt nicht „kann“, ich dürfe wiederkommen, wenn er sich erholt hat.
In der Vergangenheit wie heute beherberge ich ausschließlich Notmeerschweinchen aus Tierheimen und Nothilfestationen. Ich habe Tiere jeden Alters, jeden Couleurs, ob mit Behinderungen/Krankheiten oder tragisch traurigen Lebensgeschichten aufgenommen. Nun endet nach vielen Abschieden und über 25 Jahren meine Haltung.
Ich möchte euch von auserwählten Schweinen berichten. Von Plüschis, die immer wie Löwen um ihr Leben gekämpft und meistens verloren haben. Von Plüschis, die aufblühten, groß wurden, unter und oft wieder aufgingen – wie kleine Sonnen.
Meerschweinchen sind einmalige, sehr unterhaltsame Beobachtungstiere, die bei echtem Vertrauen, sich ihren Menschen zuwenden.
Ich möchte euch von Mea erzählen.
Mea lebte namenlos zweitausend Kilometer von mir entfernt in einem rumänischen Versuchslabor und galt mit vielen anderen als „Überschuss“. Da die Forschungsreihe eingestellt wurde, sollten alle euthanasiert werden. Über einige Stationen, viele gefahrene Kilometer, zog Mea 2015 zu mir.
Sie war erst zwei Jahre alt und hatte schon schwere Arthrose in den Kniegelenken und den kleinen Wirbelgelenken. Dementsprechend Schmerzen. Um die sich nie jemand gekümmert hat.
Außerdem war sie inkontinent, das blieb auch bis zu ihrem Ende so.
Sie war fertig. Körperlich wie seelisch, ihre Augen bestanden vor Angst nur aus weiß. Es dauerte über ein Jahr, bis sie nicht mehr panisch versuchte; die Unsichtbare, zu sein.
Ihr wahrer Charakter kam zum Vorschein und sie trug ihren Namen ehrenhaft (Mea; japanisch: Knopse, Sprosse). Friedfertig, sanftmütig, ausgeglichen und ihrem Menschen sehr zugewandt. Ein patente Dame, die endlich aufblühte und artgerecht leben konnte.
Sie, ergo ich mit, kämpften einige Male um ihr Überleben. Kurz nach ihrem Einzug erlitt sie eine lebensbedrohliche Magen und Darmaufgasung, mehrfach musste über eine Sonde das Gas abgelassen werden, sie litt... und ich mit. Man gab uns keine Chance. Aber wir gaben nicht auf. Ich schlief sehr viele Tage nicht mehr. Aber das passiert einem bei den kleinen Schweinen eh des öfteren. ;-) Und sie überlebte.
Mea war ein kleines Unglückskind. Diverse Augenverletzungen, Zahnoperationen... sie nahm alles mit, was so ein kleines Schweinchen zu bieten hat.
2017 und 2018 erblindete sie erst auf einem dann auf beiden Augen, es gab auch keine Reflexe mehr. Man sagte mir, das wird nichts mehr. Und es wurde doch! Nach einigen Wochen kamen das Sehvermögen und Pupillenreflexe zurück. Trotz allem, war Mea immer voll in die Gruppe integriert und fühlte sich wohl.
Sie bekam die ganzen Jahre bei mir, ein ausgefeiltes Programm an Homöopathie, täglich Rotlicht- behandlungen und vorsichtige „Physiotherapie“, Schulmedizin, was ihr viel Lebensqualität gab.
Am 8. Juni 2018, während einer lebenswichtigen Operation (Gebärmutter und Bauchfellentzündung und Weiteres) beschloss Mea, uns zu verlassen.
Die einzigartige, wunderschöne, unvergessene Mea hat ihr letzte Ruhestätte unter einer imposanten Rotbuche gefunden.
Ziemlich beste Freunde, so kann man die Beziehung zwischen Mea und ihrer Freundin Schlängele wohl bezeichnen. Nicht umsonst haben beide beschlossen, nacheinander die irdischen Segel zu streichen. ICH fand dies natürlich ziemlich doof, als ich am 20. Juli 2018, nach schweren Kampf um ihre Gesundheit, Abschied nehmen musste.
Schlängele hieß - in echt - Isabella.
Ich fand sie kurz vor Mea`s Einzug in einem Tierheim; sie wurde mit vielen anderen Schweinen, hochschwanger, in einem kleinen Käfig vor dem Tor abgestellt. Sie war acht Monate alt und hatte also im Schlepptau ihre Babys.
Ich bin bis heute wütend wie mit Kleintieren umgegangen wird. Man hätte sie mir einfach so mitgegeben. OHNE ihre Kinder. Die aber viel zu jung waren um von der Mutter getrennt zu werden.
Leider ist mir das häufiger passiert, dass es schlichtweg keine bis wenig Fachwissen oder gar ansatzweise artgerechte Unterbringung in einigen Tierheimen bezüglich Schweinchen/Nagern gibt. Ich nahm also alle mit... was willste machen?!
Als ihre Kinder alt genug waren, fanden alle ganz tolle neue Familien.
Schlängele war wirklich sehr außergewöhnlich. Sie war das Stimmungsbarometer meiner Schweinegruppe.
Sie war zu jedem Neuankömmling wie eine Tante. ;-) Schweine kuscheln/kontaktliegen untereinander eigentlich eher nicht. Wenn sie aktiv und viel die Nähe zu einem anderen Schwein suchte, konnte ich die Uhr danach stellen, das da etwas (Krankheitstechnisch) im Argen ist.
Sie war ein grandioser Streitschlichter, die erste die mich morgens begrüßte, immer am strahlen und immer gut gelaunt.
Mea und sie, verband etwas, was ich unter Schweinen in der Form noch nie erlebt habe. Suchte man die Eine, fand man sie bei der Anderen *lach*.
Sie waren ausschließlich zusammen unterwegs, teilten sich das Futter – spätestens da, hört meistens die schweinische Freundschaft auf ;-) - und lagen zusammen.
Die beiden liegen zusammen begraben unter der Rotbuche. Damit sie auch, wo immer sie sind, ihre Freundschaft weiterführen können.
Es gäbe noch so viele Schweine vorzustellen, so viele Geschichten zu erzählen, so viel aufzuklären, so möchte ich diese vorweihnachtliche Zeit nutzen um zu appellieren:
KEINE Tiere unter`m Tannenbaum.
Ob die Kleinsten wie Meerschweeinchen und Co., wie auch Hunde, Katzen... Sie bedeuten Verantwortung. Für sehr lange Zeit.
Schenkt doch Patenschaften, unterstützt mit kleinen Finanzspritzen Nothilfen/Tierheime und überlasst jedem selbst, sich bewusst für ein Tier zu entscheiden.
Ich wünsche allen Couch Gesucht-Lesern wunderschöne Weihnachten und viele weitere tolle Stunden, Geschichten und Erinnerungen mit euren Tieren.
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