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Milli

Am Ende wird doch alles fast wieder gut
(Fortsetzung vom 06.12.2023)

Ich bin in einem Hundeforum und durfte dort vor einigen Jahren eine Frau kennenlernen, die allmählich eine gute Freundin wurde. Wir hatten nicht nur unsere Liebe zu Hunden und Katzen gemeinsam, sondern auch unsere Heimatstadt.

Als wir uns anfreundeten, hatte sie einen Rüden und 5 Katzen.
Sie pendelte zwischen Rom und Norddeutschland, und als sie im Herbst 2018 aus Italien zurückkam, brachte sie eine Hündin namens Millicent, kurz Milli, mit.

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Milli ist ein Brackenmix und suchte in Italien dringend ein Zuhause.
Sie war damals 1,5 Jahre alt, und meine Freundin hat sich sofort in sie verliebt. Auch der bereits vorhandene Rüde fand den Neuzugang klasse und die Beiden wurden ein tolles Team. Mit den Katzen verstand sie sich gut und mochte deren Gesellschaft.

Es hätte für Milli nicht besser laufen können, und sie zeigte deutlich, wie sehr sie ihr neues Leben genoss. Sie war als italienischer Straßenhund quasi in ein kleines Paradies gepurzelt.

Es vergingen 18 glückliche Monate für Milli.
Sie hatte einen schönen geregelten Tagesablauf und tobte sich auf langen Spaziergängen und beim Spielen mit ihrem Kumpel aus. Sie liebte es, abends nach dem leckeren Fressen mit meiner Freundin und ihrem Kumpel auf dem Sofa zu liegen und sich die langen, weichen Ohren streicheln zu lassen. Dabei war sie immer bescheiden, lieb und sehr menschenbezogen.

Ende Mai 2020 geriet ihr kleines Paradies ins Wanken:
Meine Freundin hatte heftige Rückenschmerzen, die trotz Behandlung nicht weggehen wollten.

Dann kam die schlimmstmögliche Diagnose: Ein Pankreaskarzinom löste die Rückenschmerzen aus.

Es gab keine Hoffnung auf Heilung, sondern nur die Möglichkeit, durch eine palliative Chemotherapie den Verlauf zu verlangsamen und damit Zeit herauszuholen. Aber auch mit der palliativen Chemo würde ihre restliche Zeit sehr begrenzt sein.

Immerhin konnte sie die Chemos ambulant machen und die restliche Zeit bei ihren Tieren sein. Trotzdem war für ihre Tiere plötzlich natürlich alles anders.

Es gab gute Tage, da war alles fast wie immer. Dann gab es aber auch viele schlechte Tage, vor allem kurz nach den Chemotherapien, an denen sich meine Freundin kaum bewegen konnte. Es gab zwar Freunde, die sich dann um die Tiere kümmerten, aber es war anders und beunruhigend für die Tiere.

Nachdem meine Freundin die Diagnose bekommen hatte, hatte sie überlegt, wie sie ihre Tiere am besten absichern kann.

Sie hatte Freundinnen, die sich bereit erklärten, Tiere zu übernehmen.
Die Sicherheit, dass die Tiere auch nach ihrem Tod versorgt sein würden, gaben ihr die Ruhe und die Kraft, die anstrengenden Behandlungen zu überstehen und der Krankheit noch 18 Monate abzutrotzen, in denen sie noch viel erleben konnte.

Nach ihrem Tod zogen Milli und ihr Kumpel wie geplant bei einer Freundin meiner Freundin ein, die weit entfernt lebt.

Die Freundin hat schon zwei Hunde und anfangs ließ es sich gut an. Dann erkrankte die Freundin und konnte sich nicht mehr so bewegen wie vorher. Den drei anderen älteren und somit ruhigeren Hunden wurde sie noch gerecht, aber mit der etwas wibbeligen, sehr bewegungsfreudigen Milli war sie überfordert. Leider hat sie (zu) lange gebraucht, um sich das einzugestehen und Milli mit Futter ruhiggestellt.

Wir dachten, alles wäre okay, weswegen uns die Mail, die wir vor 3,5 Monaten und vier Tage vor unserem Urlaub bekamen, völlig überraschte. Darin stand, dass die Freundin für Milli ein neues Zuhause suchen müsse, weil sie ihr nicht mehr gerecht werden kann. Ob wir jemanden wüssten, oder ob wir vielleicht sogar nicht selbst an Milli interessiert wären?

Nun hatten wir zu dem Zeitpunkt zwar "nur" noch drei Hunde, weil unser Krümel ein paar Monate vorher gestorben war (und immer noch schmerzlich vermisst wird), aber mein Mann und ich wollten es eigentlich bei drei Hunden belassen.

Wie würde sich eine zweite Hündin in unserer Hundegruppe einfügen?

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Es wäre das erste Mal, dass wir zwei Rüden und zwei Hündinnen halten und ich hatte öfter gelesen, dass das nicht unbedingt klappen muss. Da wir Milli aber als sehr liebenswürdige soziale Hündin kannten, warfen wir alle Bedenken über Bord, entschieden uns für sie und vereinbarten, dass wir sie am ersten Wochenende nach unserem Urlaub abholen würden.

Da eine lange Strecke zwischen uns und Milli lag, fuhr mein Mann schon am Vortag los, übernahm Milli am nächsten Morgen, war nachmittags mit ihr wieder zu Hause und fuhr auf die Felder, wo ich mit den anderen drei Hunden auf die Beiden wartete.

Wir stellten ihr zuerst Lotta vor, dann Kalle und zuletzt unseren Mini und alle Begegnungen verliefen friedlich.

Milli wurde freundlich aufgenommen.

Mein Mann hatte mich telefonisch vorgewarnt, aber ich war trotzdem erschrocken, als er Milli aus dem Auto hob, und ich sie nach neun Monaten erstmals wieder sah. Aus der agilen und wibbeligen Hündin war ein pralles Fass auf vier dünnen Beinen geworden. Sie hielt ihre glanzlosen Augen halb geschlossen und wirkte traurig, mutlos und unsicher.

Wir machten einen langsamen Spaziergang mit allen vier Hunden.
Milli tat sich schwer aufgrund ihres großen Übergewichts und ihrer mangelnden Kondition, aber sie schien es trotzdem zu mögen.

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Zuhause lernte sie noch unsere Katzen kennen, was völlig unproblematisch verlief, bekam ihr Abendfressen, rollte sich auf dem Teppich zusammen und fiel bis zum nächsten Morgen in tiefen Schlaf.

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Es dauerte ein paar Tage, aber dann begann sie langsam aufzublühen.
In ihre Augen kam ein bisschen Glanz und sie waren nicht mehr ständig halb geschlossen. Ihre Haltung wurde mutiger und selbstsicherer.

Sie bekam allmählich mehr Kondition, fügte sich in den alltäglichen Ablauf problemlos ein und fing an, sich zu freuen und dabei heftig zu wedeln.

Trotz genauem Futterabwiegen nahm sie zunächst nicht ab, was daran lag, dass sie durch die regelmäßige Bewegung Muskeln entwickelte. Aber immerhin waren das nun Muskeln und kein Fett mehr. Es dauerte ein paar Wochen, bis sie an Gewicht verlor, aber seitdem nimmt sie stetig ab.

Bis sie ihr Normalgewicht erreicht haben wird, wird es noch ein bisschen dauern.
Je nachdem, wie sie steht oder liegt, sieht sie aber auch schon wieder ein bisschen so aus wie die agile, schlanke Hündin von früher.

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Uns geht das Herz auf, wenn wir sehen, wie wohl sie sich wieder fühlt, wie gut sie mit allen anderen Tieren klarkommt und wie menschenbezogen sie ist.

Sie freut sich über jede freundliche Ansprache, rollt sich auf dem Sofa auf den Rücken, damit der Bauch gestreichelt werden kann und liebt Körperkontakt mit uns, den Hunden und den Katzen. Ihre Welt scheint wieder in Ordnung zu sein.

Sie ist zwar erst ein paar Monate bei uns, aber es wirkt, als wäre sie schon immer hier gewesen.
Sie hat sich tief ins Herz von meinem Mann und mir geschlichen und wir geben sie nie wieder her.

Natürlich ist nicht alles wieder gut.

Meine verstorbene Freundin wird immer fehlen.
Aber ich denke, wir haben aus der bescheidenen Situation das Beste rausholen können für und mit Milli.
 

06.12.2022

08.12.2022


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