cg_logo_lks

Alvin

Adv20_3_1

Nachdem Alvin ja schon den ersten Teil seiner Geschichte geschrieben hat (hier nachzulesen), hätte die Fortsetzung eigentlich auch von ihm kommen sollen.

Nun hat es sich allerdings ergeben, dass Lesen und Schreiben einige der wenigen Dinge, wenn nicht die Einzigen sind, die unser kleiner Begleiter nicht mehr selbst kann. Er versucht zwar gerade, sich seine persönliche Assistentin auszubilden, hierfür braucht er allerdings noch etwas Zeit. Also werde ich das hier übernehmen und nach besten Wissen und Gewissen berichten.

Alvin zog im Februar 2016 nach einer traurigen Vorgeschichte als sehr unsicherer Hund bei uns ein. Mit viel Geduld und nicht zuletzt dank unseres Ersthundes Capper, legte er einen Großteil dieser Unsicherheit im Laufe des ersten Jahres ab und gewann immer mehr an Sicherheit und Lebensfreude, was einfach nur schön zu anzusehen war.

Ein gutes Jahr nach Alvins Einzug, wir waren gerade mitten in unserer Hochzeitsplanung, fing er eines Abends plötzlich an sein Auge zu reiben. Wir dachten uns zunächst nicht viel dabei, fuhren aber vorsichtshalber am nächsten Morgen doch zum Tierarzt.

Dieser konnte einen kleinen Kratzer in der Hornhaut erkennen und gab uns erstmal Tropfen mit. Nachdem es allerdings am nächsten Tag um einiges schlimmer geworden war und Alvin das Auge immer mehr zukniff, schickte der Tierarzt uns in die nächstgelegene Tierklinik mit Augenarzt.

Dort wurde dann Alvins Augendruck gemessen, der um ein Vielfaches zu hoch war. Schon am selben Abend machte man uns wenig Hoffnung darauf, seine Sehkraft auf dem Auge noch retten zu können. Zudem hatte Alvin durch den Druck immense Schmerzen. So mussten wir ihn, noch völlig geschockt von der Diagnose, erstmal in der Klinik lassen, um sowohl den Druck, als auch die Schmerzen in den Griff zu bekommen.

Keiner von uns konnte und wollte glauben, dass unser gesundheitlich absolut problemloser und immer munterer Alvin auf einmal halbblind sein sollte.

Es folgten tägliche Telefonate mit dem Augenarzt und langsam aber sicher die traurige Gewissheit, dass er nicht nur halbseitig blind bleiben würde, sondern man das Auge zudem wegen der durch den bleibenden Druck anhaltenden Schmerzen entfernen sollte.

Mein Mann und ich beschlossen, uns aufzuteilen:
Er übernahm am südlichen Ende Deutschlands alleine unsere Hochzeitsvorbereitungen, während ich bei Alvin blieb, der operiert wurde.

Als nach einer gefühlten Ewigkeit der Anruf aus der Klinik kam, dass ich ihn abholen konnte, war ich sofort dort. Ich freute mich so wahnsinnig auf den kleinen Kerl. Trotzdem hatte ich etwas Angst davor, dass ihn die Tage alleine in der Klinik und unter fremden Menschen einen Teil seiner im letzten Jahr gewonnenen Selbstsicherheit gekostet haben könnten.

Woher sollte er auch wissen, was los war und dass wir sehnsüchtig auf ihn warteten?

Adv20_3_4

Dann kam er rein, unser Alvin.
Wie ein Wirbelwind, mit Halskragen und einer dick geschwollenen Naht, dort wo einmal sein rechtes Auge gewesen war. Er räumte im Vorbeirennen das halbe Behandlungszimmer ab, bevor er mit einer ausgiebigen Begrüßungszeremonie loslegte. Freude pur, auf beiden Seiten.

Der Tierarzt erklärte mir dann allerdings, dass die Operation zwar gut verlaufen war, wir aber weiterhin mit dem anderen Auge zur Kontrolle sollten. Der zu hohe Druck war durch einen Gendefekt im Auge entstanden, der leider beim zweiten Auge ebenfalls vorlag. Wir bekamen zudem Tropfen mit, die der Vorbeugung dienen sollten.

Was soll ich sagen, wir haben uns solche Sorgen um den kleinen Kerl gemacht und er kam einfach nach Hause als wäre nichts gewesen. Unser kleiner Kämpfer!

Gut, die Halskrause hat genervt – Capper wahrscheinlich noch mehr als Alvin, der hat jedenfalls bei den plumpen Spielversuchen des „Halskrausenmonsters“ panikartig die Flucht ergriffen. Die Wunde ist zum Glück aber schnell und sehr gut verheilt und Alvin war tat- sächlich wieder ganz der Alte.

Adv20_3_5

Die nächste Herausforderung stand allerdings schon an.
So war nach der Hochzeit geplant, noch im gleichen Sommer wieder zurück in Richtung unserer Familien nach Süddeutschland zu ziehen. Das beinhaltete natürlich wieder viele Umstellungen für uns und die Hunde.

Neben dem Umzug in eine andere Umgebung und eine neue Wohnung mit unbekannten Nachbarn, musste natürlich für unsere Arbeitszeiten auch ein neuer Hundesitter gefunden werden. Ein großer Vorteil war, dass Alvin und Capper zu zweit waren. Das half zunächst vor allem beim Alleinebleiben in der neuen Wohnung, da sie so ja nie ganz alleine waren.

Nach einigem Suchen und verschiedenen Kennenlerntreffen hatten wir ausserdem eine ganz tolle neue Hundesitterin gefunden.

Hier war unser kleiner Charmeur Capper sehr hilfreich, der sofort das Eis zu ihr und ihrem Hund brach, so dass unser kleiner Pirat auch damit einverstanden war, dort zu bleiben – denn wenn Alvin von irgendetwas überzeugt ist, dann davon, dass Capper absolut Ahnung hat. So hatten die Beiden während unserer Arbeitszeiten Familienanschluss und wurden sehr liebevoll betreut.

Nun, da langsam alles in geregelten Bahnen lief, hätte es erstmal ruhiger werden können, wäre im Februar des darauffolgenden Jahres nicht die lange erwartete Zusage für einen Bauplatz gekommen. Wir freuten uns wahnsinnig - endlich ein Haus mit Garten, wie wir es uns für uns und die Hunde immer gewünscht hatten.

Adv20_3_2
Trotzdem war uns natürlich klar, dass es erstmal wieder Stress für alle Beteiligten werden würde.
Es ging zwar diesmal nicht weit weg, bedeutete aber wieder eine neue Umgebung und natürlich etwas Chaos, weil sowas ja auch nie ganz von alleine läuft. Aber etwas Luft hatten unsere Jungs ja noch bis zum Umzug, ganz so schnell ging sowas ja auch nicht.

Leider blieb aber weniger Zeit zum Durchatmen, als gedacht.
Als ich an einem Oktobermorgen gerade bei der Arbeit angekommen war, rief mein Mann mich an. Alvin hatte ein stark vergrößertes Auge und schien nichts mehr zu sehen. Nachdem wir ja nach dem ersten Mal vorbereitet waren, wusste er sofort, was los war und war während unseres Telefonats schon auf dem Weg zum Tierarzt.

Trotz, dass wir Bescheid wussten und mein Mann sofort reagiert hatte, hatten wir keine Chance. Wir waren vorbereitet und doch traf es uns wie ein Schlag.

Auch hier war nach zwei Tagen klar, dass das Auge nicht zu retten sein und Alvin blind bleiben würde.

Er tat uns so unendlich leid.
Wir hatten von jetzt auf gleich einen blinden Hund und waren, trotz dass wir uns immer wieder Gedanken darüber gemacht hatten, dass es passieren konnte, irgendwie völlig un- vorbereitet.

Ich weiß nicht, wer in der nächsten Zeit mehr von wem gelernt hat.
Es war absolut erstaunlich, wie unser kleiner Kämpfer mit der ganzen Situation um- gegangen ist. Auch hier war es absolut toll für ihn, dass er Capper an seiner Seite hatte.

Zudem hat Alvin zum Glück eine, trotz aller Hindernisse, nicht zu bremsende Neugierde, die in dazu angetrieben hat, auch im blinden Zustand alles zu erkunden, was nur geht - Hindernisse hin oder her.

Natürlich musste er sich erstmal zurechtfinden und dann auch noch die blöde Halskrause.
Die wiederum hat ihn davor bewahrt, alles in seinem altbekannten Elan über den Haufen zu rennen. So konnte er zumindest mitbekommen, dass das ein oder andere dann trotz all unserer Vorsicht doch noch im Weg steht, bevor er direkt dagegenrasselt.

Adv20_3_3
Denn langsamer machen, nur weil man nichts mehr sieht?

Nicht mit unserem Alvin!
Sollen die Hindernisse doch wegspringen!

Wir versuchten die Wohnung möglichst tauglich für einen blinden Hund zu machen und achteten penibel darauf, alle Stolperfallen beiseite zu räumen.

uch übten wir Kommandos wie „Stopp“, „Vorsicht“ und „Stufe“, die je nach Aufregungsgrad bis heute mehr oder weniger gut funktionieren.

Es folgte eine Zeit, in der wir oft panikartig ver- suchten, Alvin im letzten Moment noch vor einem Zusammenstoß zu retten und alles probierten, damit er „normal“ sein konnte.
Er wiederum zeigte uns, dass er die ganze Besorgtheit überhaupt nicht verstehen konnte.

Alvin lief nach kürzester Zeit schon wieder sehr sicher und auf gewohnten Wegen auch frei.

Wir besorgten Spielzeug mit Glöckchen und rollten seine Bälle zunächst, damit er dem Geräusch folgen konnte. Er machte das unfassbar gut.

Capper brauchte zunächst ein wenig Zeit, da die Kommunikation zwischen den beiden natürlich etwas litt und er ab und zu ziemlich unsanft über den Haufen gerannt wurde. Alvin hingegen schien und scheint sich aus Kollisionen jeglicher Art nicht viel zu machen. Sie wurden allerdings schnell deutlich weniger.

Inzwischen würde ich meine Hand dafür ins Feuer legen, dass der Kerl ein fotografisches Gedächtnis hat. Er kennt sich bei Besuchen zu Hause bei Familie und Freunden tatsächlich in jedem vorher schon mal gewesenen Haushalt aus, als ob er genau wüsste, wo was steht. Die Küche findet er natürlich eh zielstrebig, aber auch Gästezimmer, Couch und Garten.

Hindernisse werden in der Regel bei der ersten (etwas) langsameren Runde registriert und danach elegant umlaufen. Auch fremde Umgebungen stellten für ihn kaum ein Problem dar. Er war einfach schon immer verdammt neugierig und erkundet weiterhin alles ausgiebig.

Adv20_3_6
Kurzzeitig trug er ein gelbes Halstuch mit drei schwarzen Punkten darauf.

Wir hatten die Hoffnung, dass vor allem andere Hunde- besitzer und Radfahrer vielleicht etwas Rücksicht nehmen würden und Fußgänger sich nicht wunderten, wenn er mal mitten im Weg rumstand.

Na ja, nachdem ich dann zum dritten Mal gefragt wurde, ob das denn ein Blindenhund (doch nicht etwa für mich?) sei, gaben wir die Sache mit dem Halstuch auf. Er bewegt sich einfach zu sicher und da er ja zudem pechschwarz ist, sehen selbst Leute die direkt vor ihm stehen meist nicht, dass da etwas nicht stimmt.

So kam es dann auch, dass er unseren Umzug im folgenden Jahr trotz aller Bedenken meisterte, als sei es das Normalste der Welt, auf einmal zwei Etagen, lauter neue Möbel und einen Garten zu haben.

Wir haben aufgehört uns zu fragen, wie er das macht.
Es ist immer wieder absolut beeindruckend, ihn zu sehen.

Was ich vorher nie gedacht hätte ist, dass auch ein Hund ohne Augen eine Mimik hat, an der man wirklich alles ablesen kann. Was zunächst irritierend scheint, ist irgendwann völlig normal. Ein „Blick“ reicht, und man weiß, was in dem kleinen schwarzen Kopf vor sich geht.
Er kann immer noch die größten Dummheiten machen und dabei herzerreißend süß schauen.

Eine „Kleinigkeit“ war dann ja doch noch neben Hausbau und Umzug, damit es nicht ganz so langweilig wird:

Zwei Wochen nach dem Einzug, kam unsere kleine Tochter zur Welt. Also nur eine ganz winzige weitere Umstellung.

Wahrscheinlich wurde sie durch die zeitliche Nähe zum Umzug direkt als Inventar abgestempelt und so zumindest von Alvin als ganz normal und einfach da wahrgenommen.

Er war ihr gegenüber von Anfang an sehr aufgeschlossen und steckte seine Nase jedes Mal, wenn ich alleine mit ihr unterwegs war tief in Babyschale oder Kinderwagen um zu inspizieren, ob auch alle wieder mit zurückgekommen sind.

Adv20_3_7

Im Laufe des ersten Jahres hat er nun herausgefunden, dass die Kleine ein durchaus sehr praktischer Futterspender ist, mit dem man sich auf jeden Fall gutstellen sollte.

Sie stolpern beide im Wechsel übereinander, was aber nicht weiter schlimm ist. Während Capper immer etwas besorgt um seine Frisur ist und lieber ein wenig Abstand hält, sucht Alvin ihre Nähe.

Die Beiden helfen sich zur Verzweiflung der Eltern wunderbar gegenseitig.
Er zeigt ihr, wie man gekonnt durch nicht richtig verschlossene Kindergitter kommt und fungiert auch schon mal als Kletterhilfe aufs Sofa, während sie ihm die Gartentür aufmacht und großzügig Wurstbrote und Nudeln teilt.

Adv20_3_8

Auch die Futtertonne, die bis vor kurzem noch als Laufhilfe verwendet wurde, bekommt sie zu unserem Bedauern inzwischen auf... Die beiden schienen jedenfalls sehr glücklich, als ich sie letztens bei offener Tonne im Futter sitzend vorgefunden habe.

Aber auch Capper läuft der kleinen Futterspenderin inzwischen immer öfter hinterher und fordert sie sogar manchmal zum Spielen auf. Hier wiederum hat Alvin gute Vorarbeit geleistet und seinem Kumpel gezeigt, dass der kleine Mensch durchaus auch toll sein kann.

Die drei haben die Lage hier also vollständig im Griff und ich wette Alvin probiert gerade draußen mit unserer Tochter den Schlitten aus... im Garten vom Nachbarn...

In diesem Sinne – Eine wunderschöne Weihnachtszeit!

Adv20_3_9

02.12.2020

04.12.2020


weihnachtstiere

Oder einen Gutschein über einen Tierheimbesuch im neuen Jahr!

Niemals ein Tier verschenken, ohne zuvor gefragt zu haben, ob es erwünscht ist!!
Und niemals ein Tier für jemand anderen aussuchen - Die “Chemie” muss stimmen!

Eltern sollten sich immer bewusst sein, dass SIE die letztendliche Verantwortung für ein Tier haben und nicht das Kind - Egal ob Hund, Katze oder Meerschweinchen und egal, was man vorher sagt!!

© 2003 - 2024 Couch gesucht

  

cg_logo_n_re