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Vaksi

Es gibt Katzenmenschen und Hundemenschen.

Dachte ich.

Entweder oder.

Ich zählte mich eindeutig zu den Katzenmenschen.

Damals.

Meine Lebenspartnerin überraschte mich unter anderem in der Hinsicht, dass sie beides war (und ist): Katzen- UND Hundemensch. Sie hatte schon seit Jahren sowohl Hunde als auch Katzen, dazu noch gleichzeitig. Hunde fraßen also nicht unbedingt Katzen...

Als sie 2007 zu mir in die Schweiz zog, brachte sie drei Katzen mit. Pamuk, den schwarzen hyperintelligenten Blinden, Gremmi, den sozialpädagogischen anrührenden kleinen Perserkater, und Julchen, die blinde, herz- und schilddrüsenkranke Grande Dame (man könnte auch sagen: Megazicke), die nichts und vor allem niemandem um sich mochte.

Hin und wieder erwähnte meine Liebste, wie schön es doch wäre, wieder einen Hund zu haben. So kam es, dass wir immer mal auf Tierschutzseiten schauten, und so kam es auch, dass wir auf der Seite eines Zürcher Tierheims zwei Hunde entdeckten, die so hilfesuchend schauten, dass man nicht umhin konnte, immer wieder auf dieser Seite nach den beiden zu sehen.

Sie waren beide zusammen als Strassenhunde in Ungarn gerettet und in die Schweiz gebracht worden, in der Hoffnung auf Vermittlung. Sie hieß Pocak, ihr kleiner blinder Freund Vaksi.
Pocak war ein 8-jähriger, braun-schwarzer Dackel-Schäfer-und-vieles-andere-Mix, Vaksi ein kleiner sandfarbener 11 Jahre alter Terrier.

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So kam es denn auch, dass wir am Nikolaustag, dem 6. Dezember 2008 spontan beschlossen, die 80 Kilometer von Basel nach Zürich zu fahren, um mal zu sehen, wer die beiden denn wirklich waren.
Wohlgemerkt – nur um die beiden mal in Augenschein zu nehmen. Hundeausstattung hatten wir keine, weder Leinen, Hundekissen, Decken noch Leinen oder Näpfe. Nur mal sehen, sagten wir...

Im Tierheim angekommen, führte man uns zu der kleinen Kammer, in der Pocak und Vaksi saßen. Oh je... Meine Liebste und ich schauten einander kurz an und sagten dann beide: Die kommen mit!

Man gab uns zwei Hundekörbe, Halsbänder und Leinen leihweise mit, und so fuhren wir zu unserer beiderseitigen Überraschung zu viert wieder nach Basel zurück.

So kam ich zu meinem ersten Hund, beziehungsweise gleich zu zwei Hunden.

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Es zeigte sich aber schnell, dass Pocak sich eher an meiner Partnerin orientierte (und umgekehrt), während ich tendenziell mehr mit Vaksi anfangen konnte. Mit den Katzen – ausgenommen natürlich mit Madame Julchen – verstanden sie sich aber gleichermaßen.

Anfangs war Vaksi auf Grund seiner Blindheit ausgesprochen unsicher. Wir merkten auch, dass er auch leichten Hirnschaden haben musste, wobei wir nicht wussten, woher der rühren konnte. Wir vermuteten Schläge, in seinem Leben auf der Straße in Ungarn. Der Tierarzt stellte bei der ersten Untersuchung auch ein Herzproblem fest, so dass wir unsere bereits reichhaltige Tierapotheke um ein Mittelchen mehr erweitern mussten.

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Beim ersten Spaziergang – zumindest war er als solcher geplant – zeigte sich schnell eine Eigenheit von Vaksi.

Während Pocak begeistert kreuz und quer durch den Schnee schoss, blieb Vaksi stehen und bewegte sich nicht vom Fleck. Gutes Zureden, sanften Ziehen an der Leine, angebotene Leckerlies – nichts half. Nachdem sich Pocak, auch Dackeline genannt, ausgetobt hatte, hob ich Vaksi wieder ins Auto, und wir fuhren nach Hause.

Eine weitere Eigenheit trat schnell zu Tage. Hatten wir auf der Fahrt von Zürich nur Aufregung bei Vaksi vermutet,  der die ganze Fahrt kläffend im Stehen verbrachte, erwies es sich, dass er im Auto immer am liebsten stand und ausdauernd seine Meinung über das Autofahren kundtat. Unvergessen bleibt eine lange Urlaubsfahrt ins Südtirol...

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Vaksi war trotz seiner Eigenheiten ein munterer kleiner Kerl, der zunehmen an Sicherheit gewann. Wie ein Pony in Miniaturformat trabte er über die Wiesen, zwischendurch ein paar Galoppschritte, und lachte dabei mit dem ganzen Gesicht.

Gelegentliche Zusammenstöße mit dem einen oder anderen Baumstamm, der sich ihm in den Weg stellte, nahm er gelassen hin. Wenn wir ihn riefen, hielt er das Köpflein schräg, stellte fest, woher der Ruf kam, und trabte zu uns.

An manchen Tagen wiederum weigerte er sich, auch nur einen Schritt zu gehen, oder er blieb nach der halben Runde unvermittelt stehen und rührte sich nicht vom Fleck. Leser, die mit dem Film “Der Schuh des Manitu” vertraut sind, werden verstehen, warum er den Beinamen Apollo 13 erhielt...

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Zu Hause lag er am liebsten an meinen Füßen an der Couch, was dazu führte, dass ich noch lange nachdem er nicht mehr lebte, erst vorsichtig schaute, bevor ich aufstand. Ich legte mich auch gern zu ihm auf den Boden und spielte oder schmuste mit ihm – zum Entsetzen meiner Liebsten.

Vaksi brummelte und knurrte öfters, und das war der Hundekennerin nicht so geheuer. Es lag wohl an meiner Unbedarftheit, dass ich das nicht ernst nahm und mich nicht darum kümmerte. Er biss auch nie, außer einmal seinen Hundetrainer in der Hundeschule, der versuchte, mit einem Blinden austauschen von Ball gegen Leckerli zu üben. ;-)

Im Lauf der Zeit stellten wir fest, dass er beim Laufen unsicherer wurde. Auch wirkte er langsam überhaupt zunehmend orientierungslos. Die Richtung, aus der wir ihn riefen, konnte er gar nicht mehr feststellen. Er baute langsam ab. Trotzdem lief er tapfer an der Leine mit und wirkte nicht unglücklich dabei.

Eines Abends – wir saßen auf der Couch und schauten fern, die Hunde zu unseren Füßen – hörten wir plötzlich ein kurzes Japsen. Wir sahen nach unten und erschraken – Vaksi war umgekippt und lag völlig steif auf der Seite. Zu unserer Erleichterung kam er recht schnell zu sich und wirkte wieder normal.

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Unsere Sorge darüber, was wohl passiert war, blieb aber, und so vereinbarten wir bei einer von unserem Tierarzt empfohlenen Tierklinik einen Termin für ein MRT. Die dafür notwendige Betäubung war aber wohl zu viel für den Kleinen. Nach der Untersuchung kam er kurz zu sich, schrie aber herzzerreißend.

Man sagte uns, wir sollten ihn mitnehmen, etwas Luft täte ihm gut. Kurz nach unserer Ankunft zu Hause gab er aber auf und ging.

Unendlich traurig – und auch mit einer gehörigen Portion Wut auf die Tierklinik – brachten wir ihn dorthin zurück; die Leiterin gab zu, dass er wohl falsch behandelt worden war, was allerdings kein Trost war.

Wir ließen unseren kleinen Vaksi einäschern und bekamen die Urne mit.

Die Urne begleitete uns nach Luxemburg, wo wir nun seit 1 ½ Jahren leben. Als Dackeline starb, haben wir sie hier im Garten beerdigt, zusammen mit der Urne von Vaksi.

Meinen ersten Hund, den kleinen tapferen Vaksi, werde ich nie vergessen.

Christopher Staub Gierow

02.12.2012

04.12.2012


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