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Sunny und ihr Weg ins Glück

Wo im Himmel haben die Kinder bloß wieder die T-Shirts versteckt ?

Ach ja, vielleicht sollte ich uns kurz vorstellen ?

Mein Name ist Alexandra, 36 Jahre alt. Zu meiner Familie gehören mein Mann Jürgen und unsere drei Kinder Christopher (15 J.), Vanessa (13 J.) und Gillian (10 J.). Wir sind ein recht chaotischer Haufen und wie es sich für Chaoten gehört, gibt es hier immer wieder Überraschungen.

Wie auch an jenem Sonntag, an dem ich die T-Shirts suchte.

Hm, dachte ich mir… vielleicht sind die Shirts ja noch im Trockenraum?
Mit dem Kellerschlüssel bewaffnet, begab ich mich also in den Keller. Wäre ja nicht ungewöhnlich, wenn die Kinder mal wieder vergessen hätten, die Wäsche nach oben zu bringen.

Nix. Gaaaarnix befindet sich im Trockenraum. Vielleicht haben sie ja den Wäschekorb im benachbarten Fahrradkeller abgestellt ? Sie brauchen sich gar nicht zu wundern. Haarbürsten hatten sich nach mehrstündiger Suche auch schon mal im Kühlschrank wieder gefunden *grummel.

Auch nix. Ok, versuch ich`s mal im Heizungskeller. Geht zwar nie einer rein, aber nun denn…

Stellen sie sich mein Gesicht vor, als ich im besagten Keller folgendes fand:

Einen unserer Teppiche (ausgerollt), darauf stehend ein Telefonschränkchen mit integrierter Sitzbank (dessen Sitzkissen fehlte), ein Schälchen mit irgendetwas Undefinierbarem, Wasserschale (?), Handtücher auf der Fensterbank, dem Boden (na lecker) und über dem Sitzbänkchen.

Natürlich ist keines der Kinder verfügbar, um zu erfahren was dieser Aufbau denn soll.

Ich sammle erstmal die Handtücher ein und finde, oh Wunder, in dem Kasten unter der Sitzbank auch ein schwarzes T-Shirt.

In dem Moment, als ich das Shirt hochnehmen will, wachsen ihm zwei stechend grüne Augen. Schreiend schrecke ich zurück und greife mir an die Brust.

Augen ???

Langsam schleiche ich mich an den Sitz heran und linse vorsichtig über den Rand.

Große, wunderschöne, grüne Augen sehen mich ängstlich an. Katzenaugen.

KATZENAUGEN ???

Herrgott noch mal. Wo sind die Kinder, wenn man sie mal zusammenpfeifen will ?

Hockend stecke ich meine Hand in den Kasten und streichle vorsichtig dieses kleine, schwarze Knäuel Fell. Die Mieze bewegt sich keinen Millimeter, schnurrt aber ganz leise.

Oh, ha. Stopp. Ich muss irre sein. Ich freunde mich doch gerade nicht ernsthaft mit einer Katze an, die meine Kinder in unserem Keller versteckt haben ?

Schnell schließe ich die Türe und eile nach oben. Wild gestikulierend, erzähle ich meinem Mann von unserem Untermieter. Lachend schlägt er mir vor, doch mal die Kinder anzurufen und nachzuhaken. Sicherlich klärt sich alles auf.

Na klar doch .

Knurrend versuche ich meine Kinder an die Strippe zu bekommen, doch nur eines ist erreichbar. Wie immer.

Mein Sohn erklärt mir, er wüsste seit einer Stunde von der Katze. Na toll! Gillian wüsste da mehr, denn es wäre ihr Fund.

Also ab in die Jacke, Gillian suchen. Gillian gefunden und direkt ausgequetscht. Sie erzählte mir die Geschichte der Katze so:

"Mama, die Katze ist eine sie und heißt Mimi. Sie wird am 19.1.07 zwei Jahre alt und ist ne gaaaaaaaaaaaanz arme Maus. Die Familie, wo sie wohnte hat drei Kinder.

Die Kinder haben die Katze immer am Schwanz gezogen, sie geworfen und am Fell gerissen. Die Mutter hat Mimi immer getreten und ganz oft vor die Wand geschlagen. Ich hab das gesehen als ich dort war, um mit den Kindern zu spielen. Die letzten Tage war ich oft da, um denen zu erklären, dass man Tiere so nicht behandelt. Aber die haben nicht gehört.

Die Mutter wollte Mimi einfach auf die Straße vor ein Auto werfen. Also bin ich zu Monas (Gillians Freundin) Mutter. Die hat gesagt, sie nimmt die Katze. So haben Mona und ich sie dort hin gebracht. Eine Woche war sie da, aber dort kann sie nicht bleiben. Die Hündin von Mona, will immer die Mieze anknabbern und die Mimi hat panische Angst. Sie frisst nicht, versteckt sich nur und jammert.

Monas Mama hab ich angelogen und gesagt, Papa und du hättet mir erlaubt Mimi zu nehmen. Mona und ich haben ihr also im Keller ein Zuhause eingerichtet. Mona hat das Futter besorgt und wir gehen seit gestern alle zwei Stunden zu ihr."

Große Augen guckten mich an. Zum zweiten Mal an diesem Tag.

Also das musste ich erstmal verdauen.

Zuhause angekommen, berichtete Gillian Mimis Geschichte mein Mann und auch er sagte erstmal kein Wort. Mein Mann und ich hatten uns geschworen, dass nie wieder etwas mit Fell bei uns wohnen wird. Nie wieder.

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Da ich mich seit ein paar Jahren im Tierschutzbereich stark machte, schwang ich mich an den PC, um die leidvolle Geschichte der Katze zu veröffentlichen.

Es schien leichter einem Alligator kurzfristig einen Pflegeplatz zu verschaffen, als einer Katze.

Katzen gibt es zu Hauf und hilfebedürftige Stubentiger wohl noch viel mehr. Eine Pflegestelle war nicht zu bekommen, eine Endstelle auf die Schnelle schon gar nicht.

Die Mieze konnte unmöglich ein paar Tage im Keller verbringen, da es des Nachts dort recht kalt wurde.

Was also tun ?

Eine sehr nette Dame vom Katzenschutzbund hatte sich mit mir per Mail in Verbindung gesetzt und mich gebeten, Mimi doch erstmal bei uns aufzunehmen. Der Katzenschutzbund würde die Katze gerne übernehmen, hätte aber keinen Pflegeplatz frei.

Mit durchgedrücktem Rücken begab ich mich auf die Suche nach meinem Mann.

Säuselnd berichtete ich vom Katzenschutzbund und dem Gedanken als Pflegestelle zu fungieren. Huuuu - böse Blicke trafen mich. Es ist ja nicht so, als wenn nicht schon vor 20 Jahren, dass ein oder andere Notfall-Tierchen bei uns geblieben wäre. Seine ablehnende Haltung war also durchaus verständlich, wo wir doch einen Schwur hatten den ich auch nicht zu brechen gedachte.

Wir ließen uns also überzeugen, dass es für Mimi das Beste wäre, wenn sie erstmal zu uns käme. Aber nur ins Kinderzimmer, da sie zu Gillian einen Draht hatte und sich dort sicherlich besser fühlte.

Plötzlich hatten wir ein Katzenklo, Futternäpfe und eine Katze im Kinderzimmer. Futter auf Vorrat & Katzenstreu musste ich am nächsten Tag erstmal besorgen. Eine seltsame Erinnerung beschlich mich, wo mich das Schleppen des Streus so an die Windelpackungen erinnerte. Die Kinder war ich auch nicht mehr losgeworden. Diesmal würden mein Mann und ich aber hart bleiben. Denken sie an den Schwur.

Mimi hörte nicht auf Mimi und so benannten wir sie um in Sunny.

Die ersten 24 Stunden bekamen wir Sunny nicht zu Gesicht. Uns wurde allerdings von Gillian berichtet, dass Sunny Gillians Bett auch als ihr eigenes betrachtete. Kuscheltiere wurden von Sunny gnadenlos aus dem Bett getragen und, wie es sich für Beute gehört, ordentlich geschüttelt. So bekam die Katze ein eigenes Kissen.

Im Laufe der nächsten drei Tage war es mein Mann, der abends (nachdem er die Kinder begrüßt hatte) an Sunnys Bett eilte. Er durfte sie streicheln und bezirzte sie mit Worten wie " Mäuschen, Schätzchen oder Süße".

Auf meine komischen Blicke reagierte er mit: "Die bleibt nicht, aber sie kann ja nix für ihre Situation. Sunny muss ja lernen, dass es auch nette Menschen gibt".

Ja aber sicher doch.

Meine Älteste, die mit Gillian in einem Zimmer lebt, war so gar nicht von der Katze begeistert. Vanessa steht eher auf Hunde und Katzen sind ihr nicht geheuer. Sunny merkte das sehr schnell und machte sich täglich einen Spaß daraus, Vanessa zu erschrecken.

Wenn Vanessa im Bett lag, um in Ruhe TV zu sehen, fummelte sich Sunny durch den Spalt zwischen Wand und Bett, steckte ihren Kopf durch und maunzte. Vanessa schreckte hoch und Sunny verschwand grinsend. Nachts wurde Vanessa mit Kopfnüssen geweckt und tags schoss Sunny aus allen erdenklichen Ecken auf sie zu und tat, als würde sie Vanessa anspringen.

Solche Spiele ließen sich mehrfach hintereinander wiederholen. *lach*

Meine Tochter fand das gar nicht witzig und war recht schnell genervt. Freunde würden die Beiden wohl nie werden.

Mit meinem Sohn hatte Sunny auch keinen guten Start. Sunny schlich sich schon am zweiten Tag in Christophers Zimmer und sprang auf seinen Jugendschrank. Chris, im Umgang mit Tieren eigentlich eher schüchtern, wollte die Katze sofort runter heben. Er kletterte auf sein Bett, Nase an Nase mit der Katze und wollte sie packen. Sunny, noch immer sehr scheu, fauchte ihn mächtig an, woraufhin mein Sohn vor Schreck vom Bett fiel.

Sofort war er auf den Beinen, hob die Fäuste und maulte von unten die Katze an: "na komm doch, meinste ich hab Angst vor dir ?". Die Katze sprang vom Schrank und mein Sohn flüchtete wie der Blitz ins Bad und verschloss die Türe. Er kam erst nach 10 Minuten wieder heraus.

Auch bei ihm würde sie keinen Blumentopf mehr gewinnen können.

Sunny war noch sehr eingeschüchtert und verängstigt. Über Tag versteckte sie sich unter dem Bett und kam erst heraus, wenn Gillian aus der Schule kam. Dann rannte Sunny hinter ihr her und inspizierte die Wohnung. Die Zwei wurden richtige Freunde.

Nachts schliefen sie Stirn an Stirn. Gillian küsste Sunny im Schlaf und Sunny schmiegte sich an sie. Der Gedanke, dass Sunny bald gehen musste tat mir weh, wenn ich die Beiden zusammen sah.

Dieser verflixte Schwur.

Meine Tochter hat eine visuelle Wahrnehmungsstörung. Das heißt, sie kann nicht alles, was sie sieht, in die Hände umsetzen. Macht sich besonders im Schreiben bemerkbar. Sie wird wohl auch im nächsten Jahr auf eine Förderschule müssen. Sie hinkte immer in der Schule hinterher und hatte jetzt schon 80 % aufgeholt.

Sie stand aber immer unter Druck, weil sie doppelt so hart arbeiten musste, wie die anderen. Sie gab nicht auf, und das schätzte ich so an ihr. Hausaufgaben waren ein Greuel. Wenn sie aus der Schule kam, war sie immer schlecht drauf.

Seit Sunny freute sie sich nach Haus zu kommen. Hausaufgaben gingen ihr noch immer schwer von der Hand, aber sie weinte dabei nicht mehr. Gillian fing an, unbekannte, Texte fließender zu lesen. Auch Hausaufgaben gingen schneller (und richtig) voran, da sie sich ja noch um Sunny kümmern wollte. Auch Gillians Lehrerinnen bemerkten schlagartig einen Fortschritt in ihrem Lernverhalten. Nun, ich hatte ja schon von Tieren gehört, die psychologisch einen guten Einfluss auf Menschen hatten, glaubte aber nie, dass sich dies so offensichtlich bemerkbar machen würde.

Sunny war für Gillian eine therapeutische Hilfe und Gillian für Sunny der Lebensinhalt. Wenn sie beiden doch nur hätten sehen können. Für mich schien die Sonne, wenn ich Gillian sah.. wie sie mit ihr spielte, sie küsste und sich endlich mal frei fühlte.

Gillian verhalf Sunny im Gegenzug zu mehr Vertrauen in die Menschen. Sunny lernte richtiges Futter kennen. Gillian zeigte ihr die tollsten Spiele und wie es ist, geliebt zu werden.

Gillian konnte mit Sunny "verstecken" spielen. Gillian versteckte sich im Bad und Sunny suchte sie. Wenn Sunny sie fand, taten beide so als erschreckten sie sich. Gillian lachte und Sunny wälzte sich vor Glück auf dem Boden. Kumpels halt.

Sobald Gillian nach draußen wollte, stellte sich Sunny ihr in den Weg, oder krallte sich an ihr fest. Keine Ahnung wie sie unterschied, wann Gillian nur den Raum verließ, oder nach draußen wollte. Egal ob Gillian ohne Jacke und Schlüssel ging, die Schuhe schon anhatte.. die kleine Hexe wusste genau, wann sie raus ging. *grusel*

Meine Aufgaben waren andere. So durfte ich mich damit beschäftigen, wie man am einfachsten ein Bett bezieht, obwohl sich die Katze weigert es währenddessen zu verlassen. *knurr* Katzentoiletten, so fand ich heraus, lassen sich auch prima reinigen, obwohl eine Katze mittendrin sitzt. Man muss nur wissen wie.

Auch war es meine Aufgabe alle Haargummis, Haarspangen, Socken und Kugelschreiber in sichere Verwahrung zu nehmen, damit nicht alles gänzlich verschwand. Katzenstreu schleppte ich auch weiterhin. Bei der Futtersuche, für verwöhnte Katzen, hatte ich schnell alle Sorten durch, bis sich die richtige Sorte fand. Das Tierheim freute sich über die verschiedenen Futterspenden.

Mit mir wurde auch gespielt.

Neustes Spiel hieß: "versteck dich im Dielen-Schuhregal und erschreck die Alte"

Wir haben ne sehr dunkle, L-förmige Diele. In dem schmalen Stück steht das offene, hohe Schuhregal. Da saß die "schwatte Hexe" drin und wartete darauf, dass ich vorbei ging. Dann streckte sie den Kopf nach vorne und machte "briippp"

*HASS* .... Die hatte immer neue Ideen und ich bald ‘nen Herzschrittmacher... Ja, ja lachen sie nur. Mein Mann bekam aber auch sein Fett weg *kicher*

Nun ja, es war ja nicht so, als hätte Jürgen immer schon *nen tollen Bürostuhl gehabt.

Eigentlich hatten wir die teuren, bequemen PC-Stühle ja gekauft um relaxt am Rechner sitzen zu können. Könnten wir auch beide, wenn denn Sunny nicht auf Jürgens Stuhl liegen würde und den Schlaf der Gerechten schliefe.

Mein Mann hatte sich nur kurz einen Kaffee gemacht. Blöder Fehler.

Sunny fand Jürgens Stuhl einfach wunderbar. Der Versuch, die Katze vom Stuhl zu heben schlug fehl. Sie drehte sich auf dem Absatz um und legte sich wieder auf den Stuhl.

Tja, was soll ich sagen… Jürgen verbrachte den restlichen Abend vorm PC auf ‘nem Holzstuhl und arbeitete. Brummend wohl gemerkt.

So gingen die Tage ins Land.

Obwohl uns Sunnys Kastration + Impfung (welche der Katzenschutzbund übernahm) um zwei Tage zurückwarf, erlebten wir Tag um Tag immer neue Fortschritte bei Sunny.

Heute, nach nur acht Wochen seit ihrer Ankunft bei uns, versteckt sie sich gar nicht mehr. Sie bewegt sich in der ganzen Wohnung völlig sicher. Meine beiden großen Kinder haben sie mittlerweile auch ins Herz geschlossen. Die anfänglichen Startschwierigkeiten sind vergessen.

Wir dürfen sie, wenn auch nur kurz, auf den Arm nehmen. Vor ein paar Tagen hielt sie mir sogar ihr Bäuchlein zum Streicheln hin. Sie "spricht" mit uns, legt sich zu uns und kommt wenn wir sie rufen.

Sie wird wohl nie ganz vergessen, wie übel man ihr fast zwei Jahre mitgespielt hat. Wenn ich sie so sehe, so klein und zerbrechlich, mag ich gar nicht daran denken, wie man sie vor Wände geschlagen hat. Wie kann man Tieren so etwas zufügen ?

Wenn Sunny uns irgendwann verlassen wird, werden wir um sie weinen. Sie erhellt unser Leben mit Sonne. Sie bringt uns zum Lachen und gibt uns Ruhe. Sie wird uns fehlen, uns allen.

Hey, seien sie nicht traurig. Ich sagte irgendwann….

Ach ja, der Schwur.

Wissen sie, manchmal muss man Schwüre auch brechen dürfen...

Alexandra

Ps.: Ein großes Lob geht an meine Tochter Gillian die, obwohl sie sich mit Sunny am Ende selbst belohnte, Mut und Herz bewiesen hat. Wir sind mächtig stolz auf sie.

Pps.: Ein großes Dankeschön an Gaby vom Katzenschutzbund. Ohne sie wäre diese Geschichte vielleicht ganz anders ausgegangen.
 

13.12.2006

15.12.2006


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