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Wie ein König bei uns Einzug hielt

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Als ich an diesem Januartag 2007 in das Tierheim ging, war es wohl – wenn ich ganz ehrlich bin - eher eine Mischung aus Neugierde und Mitleid und weniger der feste Entschluss, ein Tier bei mir aufzunehmen.

Nein, nicht dass ich keine Tiere mag, im Gegenteil ich liebe sie! Zeit meines Lebens habe ich Tiere gehabt, darunter viele aus zweiter Hand. Angefangen mit meiner ersten Katze, einem Streuner-Herbstkätzchen dessen Mutter überfahren wurde und meine Eltern eingefangen hatten, über eine Ratte, Kaninchen und Meerschweinchen, die größtenteils den alten Besitzern überdrüssig geworden waren.

Mittlerweile wohnten mein Freund und ich zusammen mit zwei Katzen, davon eine second Hand, in einer kleinen Doppelhaushälfte und fühlten uns eigentlich komplett in unserem Glück.

Ausschlaggebend für meinen Besuch im Tierheim war eine Bekannte, die einen Jack Russell- Terrier aus schlechter Haltung befreit hatte. Der Ärmste war übergewichtig, obwohl er trotz eitriger Abszesse im Maul kaum noch fressen konnte, hatte panische Angst vor zusammengerollten Zeitungen und „dank“ eines absichtlich von der Vorbesitzerin herbeigeführten Fenstersturzes und eines daraus resultierenden schlecht verheilten Beckenbruches saß er sehr schief.

Das brachte meine Tierliebe und das Mitleid wieder auf den Plan. Ich durchforstete Tierheim-Homepages und die Tageszeitung nach deren Beiträgen und entdeckte so meine Begeisterung für die so genannten Kampfhunde. Die Bilder, die ich auf den Tierheimseiten sah, zeigten mir kleine kompakte Hunde mit lustigen Quadratschädeln, die immer ein Lächeln im Gesicht hatten…

Aber ein Hund?!? Dafür hatten wir keine Zeit… so gerne wir auch würden…

Also fand ich mich mit meiner Schwester im Katzenhaus des Tierheimes wieder, wie ich kleine Tiger und Mohrle´s  streichelte und überlegte mir ernsthaft wie meine Zickenkatze zuhause wohl mit ihnen zurecht kommen würde – nämlich gar nicht.

Und weil wir schon da waren gingen wir eben auch noch eine Runde an den Hundeausläufen vorbei… es dauerte keine fünf Minuten und ich musste mit Tränen in den Augen in den Tierheim-Hof fliehen. Das Fiepen und die Kulleraugen hatten mich kalt erwischt. Ob nicht doch ein Hund?!? Nein, das geht nicht!

Als ich mich wieder gefangen hatte, entschlossen wir uns so einem armen Wesen wenigstens einen Spaziergang angedeihen zu lassen und beschäftigten uns die nächste Stunde mit einem zotteligen schwarzen Etwas, bei dem man nicht genau wusste wo vorne und hinten war. Das Thema Hund war eigentlich gefühlsmäßig schon erledigt.

Vielleicht ab und an mal Gassi gehen. Das Tierheim ist ja nicht gerade um die Ecke.

Doch es sollte anders kommen.

Zurück auf dem Hof, Hund abgegeben und eine Frau kommt zurück vom Gassi. An der Leine ein weißes bulliges Etwas mit Bollerkopf und lustigen Kuhflecken.

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Ich hin und gefragt, ob man ihn streicheln dürfe (ich weiß bis heute nicht, was mich dazu bewogen hat dies zu tun). In die Hocke gegangen Hund schnuffeln lassen und… das weiße Ungetüm sprang an mir hoch und schleckte mich schwanzwedelnd von oben bis unten ab.

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Die nachdrückliche Stimme der Dame, die meinte: „Er heißt Cain, mit dem können Sie ruhig mal Gassi gehen.“ hätte ich beinahe nicht gehört, so freute sich der Hund.

Das Ende dieser Begegnung war eine SMS an meinen Freund mit dem Vermerk, dass ich mich verliebt hatte und er am nächsten Tag (einem Samstag) nicht ausschlafen dürfe, weil wir Gassi gehen mussten. Dass mein Freund sich damals so schnell hat überzeugen lassen, und sich ebenso schnell verliebt hatte wie ich, muss wohl ein Wink des Schicksals gewesen sein.

Fortan gingen wir, sooft es ging mit Cain Gassi und erfuhren einiges und nichts über ihn:

Cain war und ist ein American Staffordshire Terrier Mischling (ein Bullterrier hat auch mitgemischt) und wurde 2001 im Alter von einem Jahr zusammen mit seinem Vater Bam beschlagnahmt; war somit schon sechs Jahre im Tierheim.

Die Geschichten über den Grund der Beschlagnahmung und sein früheres Leben sind sehr unterschiedlich… von „an der schlechten Haltung vorbeigeschrammt“ bis Kellerhaltung war einiges dabei, wirklich wissen tun wir es bis heute nicht. (Seine Gassigänger erzählen von Situationen in denen man meinen könnte, er wäre misshandelt worden, wahrscheinlich werden wir es nie definitiv erfahren.)

Cain hatte im Nov. 2006 den Wesenstest bestanden und konnte somit vom Fleck weg vermittelt werden, wir hätten ihn nur mitzunehmen brauchen.

Doch ganz so einfach war es nicht, und es sollte fast ein halbes Jahr brauchen, bis der Dicke einziehen konnte.

Der erste Punkt waren die Katzen. Im Tierheim am Katzenhaus vorbeigeführt interessierten sie ihn nicht die Bohne, bei einem ersten Besuch bei uns stellte sich sehr schnell heraus, dass dem nicht so war. (Wir sollten noch einige Male bemerken, dass das Tierheim und die Welt außerhalb für Cain zwei Paar Stiefel waren)

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Bei einem späteren Besuch und Gesprächen mit den Gassigängern stellte sich auch noch heraus, dass der Herr keine fünf Minuten alleine sein konnte, eine derartige Angst hatte er verlassen zu werden. Das war der zweite Knackpunkt, denn auch wenn mein Freund Schichten arbeitete und er nicht allzu lange alleine sein musste, mehr wie fünf Minuten waren es eben doch.

Und dann waren wir auch noch blutige Anfänger, ohne jegliche Hunde-Erfahrung und vollkommen naiv.

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich Cain schon aufgegeben und suchte im Internet weiter nach geeigneten Kandidaten für einen Einzug bei uns…ein Listenhund sollte es sein, katzenverträglich und wenn möglich allein bleiben sollte er können. Ich hatte auch einen gefunden, doch da hatte ich nicht mit meinem Freund gerechnet.

Er war vernarrt in Cain! Wenn nicht er, dann keiner! Er hatte ihn schon ein Halsband maß anfertigen lassen, mit der Aufschrift „King Cain“. So hatte ich ihn noch nie gesehen.

Also nahmen wir den Kampf um „King“ Cain wieder auf.

Unser Sommerurlaub wurde gesplittet und in den Mai/Juni vorverlegt. Er zweieinhalb Wochen, anschließend ich vier. Eine Trainerin wurde auf den Plan gerufen um das Alleinesein mittels eines Indoorzwingers zu Coachen und Kindergitter zur Absicherung der Türen und Trennung von Hund und Katz besorgt (Hier muss man anmerken, dass ein Gitter allein meine Zickenkatze nicht davon abhalten konnte, Cain bei seinem zweiten Besuch zwei fiese, blutige Kratzer zu verpassen).

Und dann geschah etwas, was keiner gedacht hatte: innerhalb dieser sechs Wochen schaffte Cain es die geforderten sechs Stunden alleine zu bleiben und nur zwei Wochen später konnte man ihn und die Katzen bedenkenlos zusammen durchs Haus spazieren lassen!

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Keiner hatte damit gerechnet, dass es so gut und schnell funktionieren würde. Im Tierheim hatte man sogar seine Box freigehalten, weil man mit seiner Rückkehr rechnete. Umso glücklicher waren die Gesichter, als wir dem Tierheimpersonal mit der Steuermarke vor der Nase herumwedelten. Cain konnte bleiben!

Heute, ein halbes Jahr nach seinem Einzug merkt man nur noch manchmal, dass er sehr lange im Tierheim war.

Die Momente in denen er ins Leere stiert, scheinbar ohne irgendwas zu denken, sind verschwunden, beim Gassi gehen nimmt er Blickkontakt zu uns auf und rennt nicht mehr nur stur geradeaus.

Hunde werden (leider) nicht mehr ignoriert, sondern als Artgenossen wahrgenommen und auch schon mal verbellt oder angebrummelt.

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Er hat ein eigenes Revier, das es zu verteidigen gilt und manchmal versucht er seinen süßen Dickkopf durchzusetzen.

Man kann sich auch vorstellen, wie wir uns gefreut haben, als er uns das erste Mal seinen nackten rosa Bauch zum kraulen entgegenstreckte.

In Momenten, wie gestern, wenn er einem aus Langeweile oder Angst, weil man ihn 5 Minuten im Auto alleine gelassen hat, die Rückbank zerlegt, oder aus Angst vor den Selbstschussanlagen in den Weinbergen oder der zickigen Mietzekatze die Badezimmertür ramponiert, weil er Zuflucht in der Duschwanne sucht, oder auch, wenn ein Kauknochen selbst gegen Herrchen und Frauchen verteidigt wird, dann wissen wir, dass wir noch einiges an Arbeit vor uns haben.

Aber glücklich, dass wir ihn haben sind wir trotzdem. Er ist halt unser „King“.

09.12.2007

11.12.2007


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