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Rita

Hallo liebe Tierfreunde,

hier versuche ich nun so gut wie möglich zu erklären, warum Rita, ein fast 40 kg schwerer Muskelberg mit kupierten Ohren, bei mir eingezogen ist.

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Rita saß ca. 6 Jahre lang im Tierheim (Hamburg, dann Lübeck). Über die Zeit davor ist mir nichts bekannt.

Sie galt als besonders schwer zu vermitteln, da sie ohne erkennbares Schema Menschen und Hunde angreift. Das ist schon bei kleinen Hunden nicht so witzig, wenn ein Presa Canario losmarschiert ist das ein sehr ernst zu nehmendes Problem. Sie lebt nun ca. 8 Monate bei mir.

Das erste mal habe ich eine Vermittlungsanzeige von Rita im Tierschutzmagazin des Lübecker Tierheims gesehen.
Das war noch lange bevor ich überhaupt darüber nachgedacht habe einen Hund bei mir aufzunehmen. Doch schon damals wurde ihr Foto strategisch günstig neben meinem Vermittlungsbericht über unseren sehr scheuen schwarzen Kater platziert, so dass ich ihre Anzeige überflog und schon zu meinem Freund meinte, dass mir diese Hündin total gefällt.

Kurze Zeit später haben wir unsere kleine Mietwohnung gegen ein eigenes Haus mit großem Grundstück eingetauscht. Schnell war klar, dass wir den großzügigen Wohnraum und die freie Spielfläche im Garten nicht für uns behalten sondern mit Vierbeinern aus dem Tierheim teilen wollen. Gern sollte es ein guter Wachhund sein... da fiel mir direkt die Anzeige von Rita ein.

Also haben wir eine Art Hundehalter-Profil erstellt, mit dem wir uns beim Tierheim vorgestellt haben um einen Hund zu finden, für den das, was wir bieten können, ein passendes Umfeld ist.

Das sah dann in etwa so aus:

Pro:

-Ländliche Lage, großes Haus mit Garten
-Zumindest nicht unsportliche Menschen um die 30 Jahre alt
-keine Kinder im Haushalt
-Besitzer von zwei "hundeerfahrenen" Pferden --> Mitnahme zu gemütlichen Ausritten möglich
-keine besonderen Wünsche in Bezug auf Größe, Rasse, Alter des Hundes

Aber:

-berufstätig
-noch keinen eigenen Hund gehabt
-Katzen im Haushalt

Nach einigem Hin-und Her konnte ich meinen Freund und das Tierheim davon überzeugen, dass ich Rita mal kennenlernen sollte.

Beim ersten Kennenlernen drehte ich eine Runde mit einem sehr skeptischen Freund an meiner Seite und einem braunen Muskelpaket ohne Ohren an der Leine, dass sich nicht die Bohne für uns interessierte und schon auf dem Tierheimgelände zeigte sich, dass sie Katzen zum Fressen gern hat.

Wieder im Auto angekommen mussten wir dann einen Kompromiss zwischen meiner Sicht

"Rita muss es ein"

und der Sicht meines Freundes

"Auf jeden Fall nicht die katzenfressende, menschenanfallende Rita"

finden.

Er hatte ja nicht unrecht...
Die Unverträglichkeit mit Katzen war natürlich problematisch. Das Thema war auch besonders sensibel, da wir in unserer Mietwohnung große Probleme und viel Ärger hatten, weil die Nachbarshunde draußen unsere Katzen gejagt haben.
Rita einfach mit nach Hause nehmen ging also wirklich nicht.

Ich blieb jedoch aus nicht mal mir selbst bekannten und für meine Mitmenschen völlig unerklärlichen Gründen beratungsresistent und unbeirrbar. Der Kompromiss sah dann so aus, dass ich ca. 10 Wochen lang an den Wochenden zum ca. 80 km entfernten Tierheim gefahren bin, um Rita besser kennenzulernen und um Erfahrung zu sammeln.

Also zog ich mit ihr los, ging spazieren, verbrachte einen Nachmittag mit ihr in unserem Garten, probierte aus, was sie von Pferden hält und wurde mir immer sicherer, dass wir für Rita das perfekte Zuhause bieten können. Außerdem ist die alte Lady wirklich sympathisch, witzig und loyal, wenn man ein wenig Zeit mit ihr verbringt.

Nach langen (sehr langen) Diskussionen konnte ich meinen Freund dazu überreden, dass wir Rita bei uns aufnehmen.

Den Katzen zuliebe haben wir ein wenig investiert, um in unserem Haus einen hundegerecht eingerichteten Bereich mit Zugang zu einem kleinen (gut eingezäunten) Teil des Gartens zu schaffen, den wir Rita als ihr Wohnzimmer zur Verfügung stellen. Hier war es vermutlich von Vorteil, dass wir vorher noch keinen Hund hatten und uns gut auf dieses Haltungskonzept einlassen konnten.

Rita fand es vom ersten Tag an einfach nur toll bei uns und hat uns ganz klar gezeigt, dass sie die Aufgaben, die zukünftig bei der Alltagsbewältigung vor uns liegen, gern mit uns meistern möchte.
Die Betonung liegt hier auf UNS, denn es hat nur zwei Tage gedauert, bis sie meinen Freund um die Pfote gewickelt hatte. Überrascht war ich darüber natürlich überhaupt nicht! Schließlich wusste ich ja schon, wie unkompliziert und zuvorkommend Rita mit ihr angenehmen Menschen ist.

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Und so haben wir einfach ausprobiert, wie die Gestaltung des Tages am schönsten für uns ist, was geht und was (noch) nicht geht. Ein "so machen wir das hier immer mit den Hunden" existierte ja nicht.

Hier gab und gibt es natürlich Situationen und Phasen, in denen wir an unsere Grenzen kommen und welche, die überraschend gut funktionieren.

Begegnungen mit Hunden und Menschen können zum Beispiel wirklich schwierig sein (wie zu erwarten war). Hier habe ich festgestellt, dass die richtige Mischung aus Vermeidung und gezieltem Training für uns am besten ist.
Der Spaziergang am Morgen findet zum Beispiel nicht bei uns im Dorf statt sondern ich fahre in den nächst gelegenen Wald. Hier treffen wir niemanden und genießen die Zeit, die wir miteinander verbringen. Rita ist nämlich ein Hund, der im Freilauf einen wirklich angenehmen Wirkungskreis hat und sich von allein nicht weit entfernt.

Die Fahrt dahin im lauten VW-Bulli wäre für andere Hunde eine Zumutung, Rita findet das super! Im Wald und auf Feldwegen ist sie sehr unkompliziert und macht normale Sachen, die Hunde eben so machen. Schnuppern, markieren, gemütlich traben, mal ein Stöckchen tragen. Im einfach mal "Hund sein" hat sie wohl den größten Nachholbedarf.

Im Dorf an der kurzen Leine ist sie dagegen sehr gestresst, atmet angestrengt und patroulliert breitschultrig durch die Gegend. In so einer Stimmung ist sie dann leider auch (für andere Menschen) so gefährlich wie sie aussieht.
Ich bin dann wiederum auch sehr gestresst, da mich dieser "was denken wohl die Nachbarn-Gedanke" quält, der mich dann komplett blockiert, sodass ich es (noch) nicht schaffe Rita von diesem Trip runterzuholen. Von einer Runde durchs Dorf haben wir zurzeit beide nichts, deshalb lassen wir das.
Abends vergnügen wir uns meistens in unserem großen Garten wo ich von der Bütt bis zum Zaunpfahl schon alles zum Trainieren zweckentfremdet habe. Das kommt bei Rita wirklich gut an und auf diese Weise können wir in aller Ruhe am Grundgehorsam arbeiten.

Am Wochende trainieren wir unsere "Alltagstauglichkeit" indem wir z.B. an Sozial- spaziergängen teilnehmen. Hier haben mir die Tips zur Deeskalation von schwierigen Situationen auch schon sehr weitergeholfen.

Gemeinsame Spaziergänge mit unseren Pferden stehen auch auf dem Programm, wobei sie besonders unsere alte spanische Stute Solera gern in ihrer Nähe hat. Leider kann ich Rita im Alltag nicht ohne weiteres mit in den Stall nehmen, obwohl sie sich dort mit allen Menschen und Hunden sehr gut versteht und dort auch willkommen ist. Problem sind hier wieder mal die Katzen... Das ist wirklich schade!

Bei einem kleineren Hund wäre ich da vermutlich etwas mutiger, Rita würde mich aber leider an der Leine umreißen, wenn ich unaufmerksam bin oder auf matschigem Untergrund stehe (und ich bin weder klein noch schmächtig).

Ich habe es bisher nie bereut Rita bei mir aufgenommen zu haben.
Vieles ist komplizierter als mit anderen Hunden, aber dass es einfach wird war ja auch nicht der Anspruch. Es fühlt sich richtig an, dass sie da ist und das ist alles was zählt. Ich weiß genau, dass Rita das genauso sieht!

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Jeder, der einen Hund mit so ausgeprägten Aggressionsproblemen aufnimmt, sollte sich darüber im Klaren sein, dass der Maulkorb zum Alltag dazugehört. Egal ob der Hund eingestuft ist oder nicht!

Ein Maulkorb sorgt dafür, dass wir uns freier bewegen und auch mal etwas ausprobieren können. Er schützt uns davor, dass eine kleine Unaufmerksamkeit oder Fehleinschätzung nicht zur absoluten Katastrophe führt sondern wir nach einem kurzen Schreck einfach um eine Erfahrung reicher sind.

Übrigens "gefällt" mir gerade dieser "klobige" Metallkorb sehr gut. Rita kann hecheln, schnuppern, trinken, ein Leckerlie bekommen und im Zweifel auch mal ihren Standpunkt deutlich vertreten. Schade finde ich immer, dass viele Leute mehr Angst vor Rita haben wenn sie einen Maulkorb trägt...
as ist irgendwie nicht sinnvoll...

Wenn man sich dafür entscheidet einem alten Hund mit einem Rucksack voller Probleme ein Zuhause zu geben, muss man sich überlegen, ob man die Möglichkeit hat den Hund so "aufzubrauchen wie er ist" und dabei trotzdem eine gute Zeit zu haben.

Ich schätze Rita zum Beispiel sehr dafür, dass sie ein so guter und gründlicher Wachhund ist und nehme dafür in Kauf, dass diese Eigenschaft eben auch dazu führt, dass ein entspannter Spaziergang von unserem Grundstück aus ins Dorf nicht selbstverständlich ist, sondern hart erarbeitet werden muss. Auch wenn es mit anderen Hunden einfacher wäre, würde ich sie nie wieder hergeben.

Zum Schluss bleibt nur noch zu erzählen, dass wir ca. 4 Wochen nach Ritas Einzug einen Anglo-Francais-Rüden namens Fantomas bei uns aufgenommen haben, da ein Zusammenleben mit Artgenossen durch nichts zu ersetzen ist. Die Hundeexperten im Tierheim waren sich sicher, dass Rita und Fanto sich gut verstehen könnten und so haben wir ihn nach einem gemeinsamen (unspektakulären) Spaziergang gleich mit nach Hause genommen.

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Ich weiß nicht, ob er sie mit seinen langen Ohren überzeugt hat, die Rita bestimmt beneidet, auf jeden Fall waren die beiden schnell ein gutes Team und schätzen sich sehr.

Über die Eingewöhnung eines ausrangierten fast verhungerten Meutehundes könnte ich jetzt auch sehr viel erzählen, aber das ist eine andere Geschichte.
Zum Glück auch mit Happy-End.

06.12.2016

08.12.2016


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Oder einen Gutschein über einen Tierheimbesuch im neuen Jahr!

Niemals ein Tier verschenken, ohne zuvor gefragt zu haben, ob es erwünscht ist!!
Und niemals ein Tier für jemand anderen aussuchen - Die “Chemie” muss stimmen!

Eltern sollten sich immer bewusst sein, dass SIE die letztendliche Verantwortung für ein Tier haben und nicht das Kind - Egal ob Hund, Katze oder Meerschweinchen und egal, was man vorher sagt!!

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